Der französische Islamwissenschaftler Gilles Keppel macht die Eliten seines Landes für die Entstehung des islamistischen Terrorismus mitverantwortlich. Frankreich wird von einer Aristokratie aus hohen Beamten regiert, die sich aus der Steuerkasse alimentiert, sagte der am renommierten „Institut d'Etudes Politiques“ lehrende Professor in der Mittwochsausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie kümmerten sich zu wenig um Arbeitslosigkeit und fehlendes Wirtschaftswachstum. Die Kinder aus der Einwanderergeneration hätten kaum Aufstiegsmöglichkeiten. „Von allen europäischen Gesellschaften tut Frankreich am wenigsten für die Eingliederung“, so der Islamexperte.
Der soziale Druck sei zu groß, so Keppel. In vielen Vierteln und Vorstädten mit hohem Migrantenanteil gälten vielfach die Regeln des Islam. Man treffe keine unverschleierte Frau mehr und dürfe im Fastenmonat Ramadan nicht in der Öffentlichkeit essen. Dort nisteten sich auch radikale Prediger ein, die Einfluss auf die Jugendlichen nähmen.
Das Jahr 2016 bezeichnete Keppel als Schicksalsjahr für Frankreich. Mit dem hohen Stimmenanteil für den rechtspopulistischen Front National hätten die Franzosen der politischen Kaste gesagt: „Haut ab.“ Die größte Sorge seiner Landsleute sei das Unvermögen der aktuellen Politiker. „Wenn wir aus dem Horrorjahr 2015 die richtigen Lehren ziehen, dann kann sich das Blatt schnell wenden“, betonte der Wissenschaftler, der sich seit 30 Jahren mit dem Islamismus befasst. In seinem neuen Buch „Terror im Hexagon“ konzentriert er sich auf einen „hausgemachten“ Terrorismus.
(kna 20.01.2016 no)
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