2016-01-11 15:27:00

Ungarn: Bischof fordert mehr Einsatz für Roma


Zu den kontroversen Themen Flucht, Roma und dem Abgrund zwischen Armen und Reichen hat sich jetzt der führende gesellschaftspolitisch-kritische Bischof Ungarns, Miklos Beer, geäußert. Er kritisierte in einem Interview mit dem ORF, dass die herrschende Politik in Budapest zu wenig gegen die Spaltung der Gesellschaft und Marginalisierung der Roma tue.

Der Bischof von Vac tritt schon seit Jahren mit viel Engagement für die „cigany“, so die Selbstbezeichnung der Roma in Ungarn, ein. Und er versucht immer wieder erfolgreich, konkrete Hilfe anzubieten, etwa durch eine Stiftung. Als „Fremde im eigenen Land“ erleben sich viele der geschätzten rund 700.000 Roma in Ungarn. Ausgrenzung ist vielerorts immer noch auf der Tagesordnung, fehlende Ausbildung erschwert zusätzlich den Anschluss an die Gesellschaft.

In einem neuen Buch stellte Beer auch Fragen zur Migration: „Nehmen wir Jesu Worte über den Menschen ernst, der das Getreide und alle Vorräte in immer größeren Scheunen unterbringt und der dann plötzlich tot ist?“ Wenn man in Europa die Migration bremsen wolle, dann sollten nicht weiter größere Scheunen in den reichen Ländern errichtet werden, „sondern dort, wo wesentlich größere Armut herrscht, denn wir sollen den Hungernden nicht nur Almosen hinwerfen“, so Beer.

Zur Flüchtlingswelle meinte er, dass man ihr Ende noch nicht absehen könne. „Wir werden uns zusammenreißen und zur Kenntnis nehmen müssen: Der herrschende Lebensstil Europas wird einfach nicht aufrechterhalten werden können. Woher nehmen wir das Recht, zu sagen, dieses Komfort steht uns zu, den anderen aber nicht?“

Der Bischof wies auf den doppelten Maßstab hin: „Es ist schon interessant: Wenn jemand aus Ungarn ins Ausland geht, um das Mehrfache zu verdienen, dann ist das ganz natürlich. Aber was, wenn jemand zu uns kommt? Soll der schön zu Hause bleiben?“

Nach Miklos Beer vermischten sich in der Flüchtlingsfrage zwei Probleme. Das eine seien die Flüchtlinge, egal ob sie tatsächlich auf der Flucht seien oder nur aus wirtschaftlichen Gründen kämen. Das zweite sei die scheinbare Gefahr, die Muslime für die europäische Gesellschaft bedeuteten. „Die meist verwendete Argumentation lautet: Wir nehmen keine Einwanderer auf, weil sie unsere Religion und Kultur gefährden, und es liegt im Wesen des Islam, sich zu verbreiten und zu herrschen, ein Muslim ist nicht tolerant, er integriert sich nicht“, so Beer. „Ich glaube aber, dass wir katholischen Geistlichen hier nicht einstimmen dürfen.“

(kap 11.01.2016 sk)








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