2016-01-06 10:35:00

Hetze nach Silvesterübergriffen: „Keine Pauschalverurteilung“


Die Empörung in Deutschland ist groß: Nach den Übergriffen an Frauen in der Silvesternacht fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel eine „harte Antwort“ des Rechtsstaats. Justizminister Heiko Maas sagte, dass es „offenbar eine völlig neue Dimension organisierter Kriminalität“ sei. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Polizeipräsident Wolfgang Albers bezeichneten Vermutungen, wonach es sich bei den Tätern um Flüchtlinge handle, als „absolut unzulässig“. In den sozialen Netzwerken wie Facebook verbreiteten sich derweil massenhaft Hetz- und Hassparolen. Der Polizei lägen keinerlei Hinweise in diese Richtung vor.

Der Kölner Domdechant Robert Kleine sagte dem Domradio, dass man verhindern soll, Flüchtlinge oder bestimmte Ausländergruppen anzuklagen. „Man muss ganz klar trennen: Es darf keine Pauschalverurteilung geben! Es sind immer Einzelne – auch wenn es eine große Anzahl war – und man kann nicht eine Gruppe oder Nationalität dafür verantwortlich machen. Das darf nicht dazu führen, dass Scharfmacher oder Populisten dies für Anti-Flüchtlingshetze ausnützen.“

Im Hinblick auf den bevorstehenden Karneval will die Stadt Köln die Polizeipräsenz deutlich erhöhen. Uniformierte und zivile Kräfte sollen eingesetzt und mobile Videoanlagen eingerichtet werden. „Wir sind immer stolz darauf, eine tolerante und lebensfrohe Stadt zu sein“, so der Kölner Domdechant weiter. „Die Frauen, die da waren, wollten Silvester feiern. Dass dies ausgenutzt wird, das ist unmöglich. Da muss man zusammen mit Politik und Polizei dafür sorgen, dass sich vor allem an den Karnevalstagen sowas nicht wiederholt.“

Auch der Kölner Dompropst Gerd Bachner zeigt sich entsetzt über die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht. Die Vorfälle seien nicht hinnehmbar, betont Bachner. Er spricht sich für eine besonnene Aufklärung aus. Die Vorfälle beträfen „natürlich auch den Dom“, sagte er am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur in Köln. Rund um das Gotteshaus liege zwar städtisches Gelände, aber zum Dom gehöre auch seine Umgebung.

„Die Nachricht über die Gewalt in der Neujahrsnacht vor dem Kölner Hauptbahnhof in unmittelbarer Nachbarschaft des Doms hat mich schockiert“, erklärte Bachner. Er sei betroffen, dass Menschen, „die hier in unserer Stadt friedlich den Beginn des neuen Jahrs feiern wollten, auf diese Weise angegriffen wurden“. Die Vorfälle seien nicht hinnehmbar, betonte Bachner: „Dabei ist es jetzt vor allem wichtig, besonnen zu handeln, die Vorfälle sorgfältig aufzuklären und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.“

Mehrere Gruppen junger Männer hatten in kleineren Gruppen in der Silvesternacht offenbar vor allem Frauen umringt, bedrängt und zum Teil massiv sexuell belästigt und bestohlen. Die Zahl der Anzeigen stieg am Dienstag auf 90. Laut Angaben der Stadt Köln hätten sich zur Zeit der Taten etwa 1.000 Menschen auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof befunden, von 1.000 Tätern zu sprechen sei hingegen falsch. 
 

(domradio/nzz 06.01.2016 mg)








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