2016-01-05 14:31:00

Ein Jahr nach Charlie Hebdo: „Dialog statt Angst“


Die Terrorattentate auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo und auf den jüdischen Supermarkt in Paris jähren sich am Donnerstag zum ersten Mal. Für diese Woche sind zahlreiche Gedenkveranstaltungen geplant. Seit Frankreich im Visier islamistischer Terroristen ist, ist die Gesellschaft gespalten. Die einen fordern eine noch strengere Laizität, die anderen setzen sich für den interreligiösen Dialog ein. Der Dialog mit den Muslimen jedenfalls hat sich seit den Anschlägen verbessert, sagte der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Georges Pontier, im Gespräch mit Radio Vatikan.

Bei den Angriffen am 7. Januar kommen acht Redaktionsmitglieder ums Leben, vier weitere Personen werden dabei getötet. Am Tag darauf erschießt ein weiterer Attentäter eine Polizistin und greift einen jüdischen Supermarkt in Paris an, wobei vier Menschen sterben. Für Frankreich ist es ein Trauma, für dessen Überwindung wenig Zeit bleibt – Ende des Jahres, am 13. November 2015, sollen weitere Attentate folgen, die sich dieses Mal nicht nur gegen Journalisten und die jüdische Bevölkerung des Landes richten, sondern gegen die ganze freiheitliche Gesellschaft. Als Reaktion auf das Attentat von Charlie Hebdo bilden rund vier Millionen Bürger und Politiker aus zahlreichen Ländern eine Menschenkette in Paris, um Geschlossenheit gegen den Terror zu zeigen. Darunter sind auch der französische Staatspräsident Francois Hollande und Angela Merkel.

Diese Woche, ein Jahr nach den Anschlägen, gibt es in Paris zahlreiche Gedenkveranstaltungen: Eine Schweigeminute, es werden Gedenktafeln für die 17 Opfer errichtet, eine zehn Meter hohe Eiche wird auf dem Platz der Republik gepflanzt und es gibt eine Gedenkzeremonie für die Familien der Opfer.

 

Christen und Juden gemeinsam

Die französischen Bischöfe werden sich am Freitag gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde nahe des jüdischen Supermarkts im Osten der Stadt versammeln. Radio Vatikan sprach mit dem Vorsitzenden der französischen Bischofskonferenz, Georges Pontier, der zugleich Erzbischof von Marseille ist, einer Stadt, wo es viele muslimische Einwanderer gibt. Vor einem Jahr rief der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz noch dazu auf, keine Angst zu haben. Heute ruft er zur Brüderlichkeit auf und fordert, die Religion nicht zum Sündenbock zu machen, wie es etwa auf dem Titelbild der neuen Charlie-Hebdo-Ausgabe der Fall ist. „In jüngster Zeit wird die Laizität unseres Landes wieder stärker betont. Überall heißt es Laizität, Laizität, Laizität. Die Attentate werden von einigen genutzt, um die Laizität in der Gesellschaft noch stärker voranzutreiben und die öffentliche Auslebung des Glaubens zu unterbinden. Hier findet eine Revolution in der Gesellschaft statt. Dabei ist der Faktor Glaube nicht etwas, das den Menschen Angst machen sollte, sondern als Quelle der Geselligkeit, des Zusammenlebens, weil wir im friedlichen Dialog zusammenleben.“

Immerhin haben die Attentate dazu beigetragen, dass frischer Wind in den interreligiösen Dialog mit den Muslimen gekommen ist. „Es kommen Themen auf die Agenda, die vorher nicht diskutiert wurden: Die islamische Schulbildung in Frankreich, die Koranauslegung und das Glaubensverständnis der Muslime selbst,“ erklärt Pontier. Des Weiteren hätten sich zahlreiche religiöse und gesellschaftliche Initiativen gebildet, die für den gesellschaftlichen Frieden kämpften. Angst, so findet es der Bischof, ist auch in Zeiten des Terrors kein guter Ratgeber: „Die Angst ist nicht gut, denn sie nimmt uns in die Zange und bringt uns dazu, irrationale Entscheidungen zu treffen, was gefährlich ist. Wir müssen also immer, immer, immer für die Begegnung arbeiten, für die Brüderlichkeit und wir brauchen für diesen Weg alle in unserem Land.“

 

(rv 05.01.2016 cz)








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