2016-01-04 15:03:00

Konflikt Saudi-Arabien und Iran spitzt sich zu


Eine Lawine hat sich in Gang gesetzt: Die Hinrichtung des bekannten schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien Nimr al-Nimr hat im Iran Wellen geschlagen und für Proteste gesorgt. Erst hat Saudi Arabien alle diplomatischen Beziehungen mit dem Iran beendet, jetzt auch Bahrein.

Nimr al-Nimr war einer der 47 Menschen, die am vergangenen Wochenende wegen Terrorvorwürfen im saudischen Königreich hingerichtet wurden. Als Antwort darauf wurde im Iran demonstriert; die saudi-arabische Botschaft in Teheran wurde angegriffen und das geistliche Oberhaupt Ajatollah Ali Khamenei warnte Riad vor der „Rache Gottes“. Am Sonntagabend kam es dann zum Eklat: Saudi-Arabien beendete die diplomatischen Beziehungen zu Iran. Teherans Diplomaten haben Zeit bis Dienstag, Saudi-Arabien zu verlassen.

Für Fulvio Scaglione, Direktor der Online-Ausgabe der kirchlichen Zeitschrift „Famiglia Cristiana“, geht es hier jedoch nicht um einen religiösen Konflikt – es geht um viel mehr. Der vorwiegend schiitische Iran und das vorwiegend sunnitische Saudi-Arabien buhlen schon seit vielen Jahren um die Vorherrschaft im Nahen Osten. Seiner Meinung nach geht es also um Macht und um eine Botschaft: „Ich denke, dass diese Hinrichtungen im Nahen Osten eine Mahnung an den Westen sein soll um zu sagen: ‚Wir sind der einzige Anhaltspunkt im Nahen Osten und machen was wir wollen und der Westen muss diese Allianz akzeptieren die seit Jahrhunderten so besteht – um jeden Preis. Ich denke, das ist die wahre Botschaft, denn Schiiten und Sunniten, Iran und Saudi-Arabien bekämpfen sich über viele Fronten und die Hinrichtung von Al Nimr beeinflusst das.“

Auch Gabriele Iacopvin, Analytiker von CESI – dem Zentrum für internationale Studien in Italien - sieht hier eher einen politischen Konflikt: „Auf der einen Seite haben wir den Iran, der in den letzten Monaten sich auf dem internationalen Parkett gezeigt hat und auf der anderen Seite Saudi-Arabien, das sich über diesen Aufstieg beunruhigt zeigt. Und dann der Kampf der Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien um Territorien: Irak, Syrien und jetzt auch Jemen sind neue Gebiete der Konfrontation. Also, ja, es ist eine Frage die jetzt die religiösen Themen anheizt, aber unausweichlich hat das jetzt und wird das in Zukunft politische Folgen für die gesamte Region haben.“

Im Kampf gegen den IS sei der Iran überzeugender, betont Scaglione: „Sicher, der Iran ist  in diesem Moment aus politischen Gründen viel überzeugender im Kampf gegen IS. Saudi Arabien ist seit zwei Jahren der stärkste Abnehmer für Waffen und diese Waffen sind sicher nicht nur für Saudi-Arabien: diese Waffen gehen woandershin. Und ein Teil davon offensichtlich auch an die syrische Front.“

Viele sprechen auch von einem Stellvertreterkrieg: Iran werde immer wieder vorgeworfen das Assad-Regime zu unterstützen, Saudi-Arabien hingegen, dass sie die sunnitisch-islamistischen Rebellengruppen in Syrien unterstützen. Ihre Rollen sind also nicht unwesentlich im Syrienkrieg. Nun sollte sich jedoch vor allem eines ändern, nämlich die Reaktion des Westen, meint Scaglione: „Das Verhalten und die Einstellung des Westen gegenüber Saudi-Arabien sollte sich ändern. Denn Saudi Arabien – genießt seit Jahrzehnten – eine Straffreiheit die wirklich verheerend ist.“

Als „Eskalation der Stimmen“ beschreibt hingegen Analytiker Iacopvin die Lage – sie wird die Hoffnung auf eine politische Lösung des Syrien-Konflikts stark beeinflussen: „Das kann jetzt auch ein Problem für die nächsten Gespräche sein, Verhandlungen – wie die Syrien Gespräche in Wien oder auch was den Irak betrifft. Dort im Nahen Osten, wo es eine Dialektik von Sunniten und Schiiten gibt, dort wird diese Episode in Bezug auf Einfluss und Macht noch weitere Auswirkungen haben.“

(rv 04.01.2016 no)

 








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