2015-12-26 07:17:00

Unser Buchtipp: Das Fest der Menschwerdung


Weihnachten verschwindet. Weihnachten verschwindet hinter Weihnachtsmann und Glühwein, Stimmung und Konsum. Ersetzt wurde es durch das Krippenfest, Familie und Geschenke, Romantik und Kerzen. Und das schon ab Oktober, wenn die so genannten „Weihnachtsmärkte“ – die schon vor Weihnachten wieder schließen – Stimmung und Glühwein ausschenken. Wenn sie noch so heißen dürfen und nicht schon in „Wintermarkt“ umbenannt sind.

„Die Krippe hat das Kreuz abgelöst“ – ein kurzer und knapper Befund in einem Buch, das all die Dinge versammelt, die wir zu vergessen drohen. Schon bei einem ersten Durchblättern springt dem Leser der Reichtum entgegen, der in dem Fest steckt und an den man sich erst wieder erinnern muss, so zugedeckt erscheint es im Alltag.

Es ist kein einfaches Buch, es spricht durchweg eine theologische und reflektierende Sprache. Es ist auch kein Nachschlagewerk, man muss sich seine eigene Haltung selber entwickeln. Bezeichnend dafür ist zum Beispiel das kurze Kapitel über „Weihnachten feiern ohne Christlichen Glauben“, in dem der Sinngehalt des Festes als „Menschwerdung des Menschen“ identifiziert wird. Viel präziser kann man die Frage nicht stellen, was genau das Fest für uns, für Glaube, Kultur und Gesellschaft ist und sein will. Genau so sehen sie aus, die hellen Bäume in den Stadtzentren, die Weihnachtsmänner ohne Christus und selbst in den Christkindern in den allgegenwärtigen Krippen erkennt man selten den menschgewordenen Gott, sondern eher eine anrührende Szene für ein Fest der Sinne, das Weihnachten geworden ist.

Es ist eine volle und runde Beschreibung, die das vorliegende Buch bietet, theologische Grundlagen werden hier genauso erörtert wie einzelne historische Traditionen oder der Ausdruck des Sinngehalts des Festes in der Liturgie. Es finden sich ebenfalls Erörterungen all der kulturell entstandenen Dinge um das Fest herum, wie etwa der Baum, der Kranz, der Abend des 24. als Familienfest. Sogar das Liedgut, wie es sich im Gotteslob findet, hat Eingang gefunden.

Viel Wissen versammelt sich hier über Traditionen, Entwicklungen und Brauchtum, alles aufbereitet und übersichtlich zusammen gestellt. „Das Fest der Menschwerdung“ ist kein klassisches Weihnachtsbuch, geistlich und einfach zu lesen. Überhaupt ist die Sprache etwas sperrig. Es ist schwierige Kost. Genau so schwierig, wie eine Wiederentdeckung dieses Festes für Glauben, Kultur und Gesellschaft heute erscheint. Und dazu leistet das Buch einen guten Dienst.

 

Stephan Wahle: Das Fest der Menschwerdung. Weihnachten in Glaube, Kultur und Gesellschaft.
Herder Verlag, 40 Euro

 

(rv 26.12.2015 ord)








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