Haben Sie’s gemerkt? Syrien wird sogar in der Weihnachtsgeschichte erwähnt. Jesus wurde nämlich nach Angaben des Lukasevangeliums in Betlehem geboren, „als Quirinius Statthalter von Syrien war“. Wie wird denn heute das Weihnachtsfest in Syrien begangen? Das fragten wir den Päpstlichen Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari.
„Auch wenn das ein Land mit muslimischer Mehrheit ist – sie liegt bei etwa neunzig Prozent –, ist Weihnachten doch ein arbeitsfreier Tag, und darum nehmen auch unsere muslimischen Freunde teil an der Freude der Weihnacht. Nach allem, was ich in den letzten Tagen und Wochen gesehen habe, gibt es hier doch trotz dieser niederdrückenden Kriegsstimmung gleichzeitig eine gewisse Weihnachtsatmosphäre. Ich habe in den letzten Tagen viele Einladungen bekommen, an Krippenspielen teilzunehmen, an der Einweihung von Krippen oder von Weihnachtsbäumen. Letzten Sonntag war ich in einer ländlichen Pfarrei südlich von Homs, und da sangen die Kinder aus der Grund- und Mittelschule Weihnachtslieder und stellten die Szene der Geburt Jesu nach. Als ich danach aber mit ihren Eltern und Großeltern gesprochen habe, da änderte sich die Musik auf einmal: weil es keine Arbeit gibt.“
Kleine Statistik zwischendurch: Sechzig Prozent der arbeitsfähigen Syrer sind mittlerweile arbeitslos, und vier von fünf Familien leben nach einer UNO-Statistik deutlich unterhalb der Armutsgrenze. „Das Weihnachten, das einst Maria, Joseph und das Jesuskind erlebt haben, wiederholt sich hier in großem Massstab; denken wir nur daran, dass etwa zwölf Millionen Syrer in diesen fünf letzten Kriegsjahren ihre Häuser verlassen mussten. Ein großer Teil davon sind Binnenflüchtlinge, etwa sieben Millionen; vier Millionen leben in den Nachbarländern. Und denken wir an diese Armut, wenn wir vom Jesuskind in der Krippe singen: So viele Kinder werden in diesen Tagen in einem Camp geboren, im Zelt oder in nicht geheizten Häusern. Vor ein paar Tagen hat mir jemand aus Nordost-Syrien wirklich herzzerreißende Fotos von unterernährten Kindern gezeigt: Da war ein Dreijähriger dabei, der nur drei Kilo wiegt.“
Armut und Hunger seien gar nicht weit von Damaskus entfernt, wo er, der Nuntius, seine Residenz habe. „Sechs, sieben Kilometer von hier liegt das sogenannte palästinensische Flüchtlingslager Yarmuk. Da sind etwa 4.000 Zivilisten seit mehr als zwei Jahren eingekesselt; Lebensmittel kommen nur sporadisch hinein, um von Medikamenten erst gar nicht zu reden, oder von Heizmaterial, von Öl. Denken wir an diese furchtbare Tragödie, den Kindermord: In diesen fünf Kriegsjahren sind in Syrien mehr als 10.000 Kinder getötet worden. Diesen Kindermord muss man stoppen, so wie auch das Sterben der Kinder im Mittelmeer, wenn sie es mit ihren Eltern überqueren, um nach Europa zu gelangen.“
(rv 25.12.2015 sk)
All the contents on this site are copyrighted ©. |