2015-12-18 12:48:00

Trump-Kritiker traf den Papst


Er ist unter den US-Bischöfen der Verantwortliche für Religionsfreiheit und ein offener Kritiker des republikanischen Präsidentschafts-Kandidaten Donald Trump: Erzbischof William Lori von Baltimore. An diesem Donnerstag war er zu einem Gespräch mit Papst Franziskus im Vatikan. Worum es bei solchen Audienzen geht, bleibt in der Regel vertraulich. Doch im Interview mit Radio Vatikan wiederholte Lori seine Kritik an Trump – speziell an dessen Vorschlag, Muslimen angesichts der jüngsten Terroranschläge die Einreise in die USA zu verwehren.

„Die Position eines der Kandidaten, dass eine ganze Gruppe – wenn auch nur vorübergehend – aufgrund ihrer Religion keine Einreiseerlaubnis bekommen sollte, löst natürlich sehr starken Alarm aus! Sicher müssen wir unsere Grenze schützen und auf die Sicherheit und Unversehrtheit unserer Bürger achten, das bezweifelt keiner. Aber es löst den stärksten Alarm aus, wenn wir das auf der Basis einer bestimmten Religion tun und sagen: Sie können nicht einreisen, weil Sie Muslim sind. Das ist eine Verletzung der Menschenwürde, eine Verletzung der Religionsfreiheit – und es ist, wie ich finde, sehr ungerecht in seiner Charakterisierung des Islam.“

Trump hatte am 8. Dezember international für erhebliches Aufsehen gesorgt, als er infolge des Terroranschlags in San Bernardino ein temporäres Einreiseverbot für alle Muslime ohne US-Staatsbürgerschaft forderte. Trumps Äußerungen wurden nicht nur von Demokraten, sondern auch von republikanischen Parteikollegen, insbesondere Jeb Bush und Marco Rubio, aber auch Repräsentantenhaus-Sprecher Paul Ryan, scharf kritisiert. Erzbischof Lori räumt ein, dass Regierung und Behörden mutmaßlichen Terroristen durchaus das Visum verweigern können.

„Zweifellos ist das alles nur schwer zu analysieren – aber auf der Basis der Religion ist es schlechterdings unmöglich. Man kann Länder einzeln untersuchen, oder Regionen, mit all unserer technologischen Expertise und den verfügbaren Geheimdienstinformationen. Aber Religion kann nicht die Basis sein, indem man etwa sagt: Diese Religion darf nicht einreisen. Man könnte sich doch in einer nicht allzu fernen Zukunft vorstellen, dass aus ähnlichen Erwägungen dann auf einmal gegen andere Religionen vorgegangen würde…“

„Syrische Flüchtlinge willkommen heißen“

So wie heute der Islam in weiten Teilen der US-Gesellschaft unter Generalverdacht steht, ist bis in die sechziger Jahre hinein auch der Katholizismus beargwöhnt worden. Erst die Wahl des Katholiken John F. Kennedy zum Präsidenten führte in dieser Hinsicht zu einem Umdenken.

Trump haben seine Anti-Islam-Äußerungen in den Umfragen nicht geschadet; der Polemiker führt weiter auf Republikaner-Seite das Kandidatenfeld an. Gewählt wird der nächste US-Präsident im November 2016. In Loris Erzbistum Baltimore haben die US-Bischöfe vor kurzem Wahlprüfsteine formuliert.

„Natürlich sind die Bischöfe sehr besorgt über den Schutz des menschlichen Lebens, angesichts der Angriffe darauf. Zweitens sorgen sie sich um die Familie und ihre wichtige Rolle in der Gesellschaft. Gleichzeitig betonen die Bischöfe aber in diesem Text, wie wichtig es ist, auf die Armen, die Bedürftigen und schlecht Ausgebildeten zuzugehen, auf die Verwundbaren. Wir wollen eine Reform des Einwanderungsgesetzes, und natürlich wollen wir Flüchtlinge speziell aus Syrien willkommen heißen!“

Seit 2011 haben die USA lediglich 1.500 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Präsident Obama plant die Aufnahme von etwa 10.000 Syrern, trifft dabei aber auf heftigen Widerstand im Repräsentantenhaus. Dort wurden vor einem Monat verschärfte Kontrollbestimmungen für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak beschlossen – übrigens auch mit zahlreichen Stimmen aus Obamas Demokratischer Partei.

(rv 18.12.2015 sk)








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