2015-12-12 09:00:00

Buchtipp: Im Glauben das ,Ja´ wagen. Auf dem Weg zur Ehe


Drum prüfe, wer sich ewig bindet: dass das Abenteuer Ehe gut vorbereitet sein will, ist allen klar, die es von innen oder auch nur von außen kennen. In der Praxis freilich zeigt sich, dass nicht wenige Brautleute nahezu unvorbereitet auch in eine sakramentale Ehe schlittern. Auch die Bischofssynoden von 2014 und 2015 bescheinigten der katholischen Ehevorbereitung grobe Mängel. Dem versucht ein soeben erschienenes Büchlein abzuhelfen: „Im Glauben das ,Ja´ wagen. Auf dem Weg zur Ehe“ . Geschrieben haben es zwei in Rom wirkende deutsche Priester, Ralph Weimann und Markus Graulich, der eine Dozent für Dogmatik und Bioethik, der andere Kirchenrechtler und Untersekretär am Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte. Radio Vatikan sprach mit Pater Markus Graulich.

Markus Graulich: „Das Buch soll in unserer Absicht den Eheleuten dabei helfen, sich bestimmte Fragen schon vor der Eheschließung zu stellen. Denn wir haben beide in der Vorbereitung von Ehepaaren auf die Trauung festgestellt, dass bestimmte Dinge auf sie zukommen, über die sie sich noch nie Gedanken gemacht haben. Wo jeder davon ausgeht, dass der andere genauso denkt wie er, wo also noch nie ein Austausch stattgefunden hat. In diesem Buch, das sich ein wenig am Ritus der Trauung orientiert und die Fragen aufgreift, die auch während der Trauung gestellt und beantwortet werden, haben wir versucht, so etwas an die Hand zu geben, was es bedeutet, das Eheversprechen abzulegen. Jedes Kapitel endet mit Fragen zum Weiterdenken, wo sich das Paar zusammen Gedanken machen kann – ja, was bedeutet denn für mich treu sein?“

Radio Vatikan: Auf welchen Quellen fußt Ihr Buch?

Graulich: „Es fußt auf der Erfahrung, die wir gesammelt haben in der Begleitung von Paaren, und auch auf Dokumenten der Kirche zum Ehesakrament. Der letzte Anstoß kam von der Synode, wo es immer um die Frage der Vorbereitung ging und auch des sogenannten Ehekatechumenates, der erweiterten Ehevorbereitung.“

RV: Sie schreiben: „Damit (die Ehe) gelingen kann, braucht es Ideale, Richtlinien und Prinzipien, die nicht gleich unter Ideologieverdacht geraten dürfen.“ Wie ist das mit dem Ideologieverdacht gemeint?

Graulich: „Wenn es heute in einer Diskussion um moralische Fragen geht und einer sagt, das ist aber so und so, also ein Prinzip vertritt, dann wird leicht der Vorwurf laut, du bist ideologisch, das muss man doch heute viel dynamischer sehen. Aber es gibt eben Prinzipien, die nicht verhandelbar sind. Bestimmte Dinge kann ich an einer Ehe nicht diskutieren: Ich kann nicht sagen, die Ehe ist ein bisschen unauflöslich oder da muss ein bisschen Treue sein. Es gibt Grundlagen, ohne die eine Ehe nicht funktioniert - Werte, Prinzipien, wie immer Sie das nennen möchten. Die dürfen nicht unter Ideologieverdacht geraten, also dass man versucht, eine bestimmte Agenda durchzuziehen, wie es meiner Meinung nach sehr stark auf der anderen Seite der Fall ist.“

RV: Welche Richtlinien und Prinzipien sind – ganz kurz zusammengefasst - die wichtigsten, ohne die eine christliche Ehe nicht aufgehen kann?

Graulich: „Wir haben versucht, immer beide Aspekte zu bedenken, zunächst den rein menschlichen, dann den des Glaubens. Da wäre als erstes der Faktor Kommunikation: also nie aufhören, miteinander zu reden. Auf der Ebene des Glaubens, die damit verbunden ist, ist es die Frage, Gott mit ins Boot zu nehmen. Wir enden das Buch damit, dass wir sagen, wir dürfen das Ja wagen, weil Gott den Weg mit uns geht. Und darauf darf man vertrauen. Damit verbunden ist auch der Beistand vonseiten der christlichen Gemeinde, dass in den Pfarreien eine Kultur entsteht, wo Familien willkommen sind, wo Ehepaare begleitet werden, wo man Möglichkeiten hat, die verschiedensten Situationen, die das Eheleben mit sich bringt, auch auffangen und begleiten zu lassen.“

RV: Sie sind Kanonist, was hat dieser Ehe-Leitfaden mit dem Kirchenrecht zu tun?

Graulich: „Dieser Eheleitfaden hat insofern etwas mit dem Kirchenrecht zu tun, als das Kirchenrecht ja die Ehevorbereitung vorsieht, das ist der eine Punkt. Der andere ist, dass ich seit weit über zehn Jahren immer am anderen Ende der Ehe gewissermaßen stand, da, wo es um die Erklärung der Nichtigkeit ging. Da sind in das Buch Erfahrungen eingeflossen, die sich in Eheverfahren dauernd wiederholt haben. Es gibt bestimmte Muster, wie Ehen scheitern. Das umzukehren und zu sagen, wenn ihr darauf achtet, dann habt ihr vielleicht bestimmte Hindernisse, die euch gar nicht bewusst sind, schon überwunden.“

RV: Was wären das für typische Muster?

Graulich: „Die Frage etwa des nicht miteinander Sprechens. Der klassische Fall ist der: Beide Partner gehen davon aus, der oder die andere will Kinder. Dann stellen sie aber fest, es ist gar nicht so, oder es ist noch nicht so, der eine will sie sofort, und die andere sagt, ich möchte aber gern vorher noch fünf Jahre im Beruf arbeiten. Das sind unterschiedliche Erwartungen, die einfach nicht geklärt wurden. Vieles ist eine Frage der Kommunikation untereinander. Außerdem gibt es Dinge, die voreinander verheimlicht werden. Dann kennen Paare einander nicht in dem Sinn, dass ich um den anderen weiß, und zwar auch die Dinge, die nachher einmal in Anführungszeichen gefährlich werden könnten. Es geht um Offenheit in der Kommunikation.“

RV: Warum ist ein solches Büchlein heute hilfreich und nötig? Gibt es keine hinreichende Ehe-Vorbereitung in den Gemeinden mehr?

Graulich: „Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, würde ich diese Frage mit Ja beantworten. Ja, es gibt keine hinreichende Ehevorbereitung in den Gemeinden mehr. Die Kurse, die wir zur Zeit haben, sind meist Wochenendkurse, manchmal auch über einen längeren Zeitraum, aber das ist selten, und sie sind nicht verpflichtend. Häufig beschränkt sich die Ehevorbereitung auf ein Gespräch mit dem Geistlichen, der die Trauung vollzieht, was sich dann auf den Blumenschmuck und die Liedauswahl bezieht. Das ist einfach defizitär, und das wurde auf der Synode oft genug gesagt. Dazu kommt: Die Ehevorbereitung, wie sie heute konzipiert ist, baut darauf auf, dass die Paare viel Glaubens- und Lebenswissen mitbringen. Doch das kann ich heute nicht mehr voraussetzen. Gerade wenn Paare, obwohl getauft und irgendwie praktizierend, aus schlecht funktionierenden oder Scheidungsfamilien kommen, fehlt ja auch ein Erfahrungshintergrund, und das müssen wir versuchen aufzufangen. Und dazu ist unser Buch ein Beitrag.“

RV: Soll Ihr Buch Pflichtlektüre werden? Eine Handreichung für Priester?

Graulich: „Es ist beides. Von der Art wie es geschrieben ist, hoffentlich, können es auch Paare lesen. Es können Priester verwenden für die Grundlage für ihre Kurse und Predigten. Es wäre auch schön, wenn das Eltern von Brautleuten lesen, die auch eine wichtige Funktion in der Begleitung haben. Ich meine damit nicht die Einmischung: Eltern können ihre Kinder auch dadurch auf die Ehe vorbereiten, dass sie mit ihnen über ihre Erfahrung sprechen. Und vielleicht können die Kapitel des Buches dann so ein Leitfaden sein, was an den Erfahrungen wichtig ist. Ein Buch, das wir für alle geschrieben haben, die rund um die Ehe stehen. Denn Ehevorbereitung fängt ja in der Familie an.“

Die Angaben zum Buch: „Im Glauben das ,Ja´ wagen. Auf dem Weg zur Ehe“ von Ralph Weimann und Markus Graulich ist im Verlag Herder erschienen und kostet 12 Euro.
(rv 12.12.2015 gs)








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