2015-12-05 11:00:00

„Konstruktiv“: Ordensleute sprechen mit Seehofer


Am Anfang stand ein offener Brief mit massiver Kritik, vom 11. November. An diesem Freitag nun kam es zu einer Aussprache: Fünf katholische Ordensobere aus Bayern trafen sich mit Ministerpräsident Horst Seehofer. Dabei sprachen sie knapp zwei Stunden lang über ihren Stein des Anstoßes, nämlich die Äußerungen des CSU-Chefs zur Flüchtlingspolitik. Seehofer stelle mit seiner Rhetorik Flüchtlinge ins Zwielicht, hatten 45 Ordensobere in dem Brief bemängelt; er stelle sie nicht in erster Linie als Mitmenschen dar, die Solidarität und Hilfe brauchten. Außerdem hatten sich die Ordensleute gegen Transitzonen, Auffanglager und die Einschränkung von Einzelfallprüfungen bei Asylverfahren eingesetzt.

Das Treffen mit Seehofer hat die Ordensleute nun offenbar einigermaßen zufriedengestellt. Der deutsche Jesuitenprovinzial Pater Stefan Kiechle sagte hinterher gegenüber dem Kölner Domradio: „Es war ein freundliches, offenes Gespräch, in dem wir wirklich auch sehr differenziert über viele Fragen geredet haben. Von dieser Atmosphäre waren wir sehr angetan.“ Seehofer habe „seine Politik noch einmal erklärt“, und zwar „ein bisschen differenzierter und ausführlicher, als das normalerweise in den Medien rüberkommt“.

„Wir haben da einiges verstanden und kennengelernt, aber umgekehrt haben wir auch unsere Anliegen noch einmal deutlich vorgetragen. Er hat dabei auch nachgefragt, wie wir dieses und jenes in dem Brief gemeint hätten, und da konnten wir einiges, glaube ich, differenziert erklären und ihm deutlich machen.“

Hört sich alles sehr zivilisiert und diplomatisch an. Aber inwiefern herrschte denn auch Einigkeit zwischen dem C-Politiker Seehofer und seinen kirchlichen Gästen? Stichwort Obergrenze: Eine solche fordern Stimmen aus der CSU immer wieder hartnäckig für Flüchtlinge und Asylbewerber in Deutschland. Pater Kiechle dazu: „Wir waren uns einig, dass man nicht beliebig Unmengen von Flüchtlingen aufnehmen kann, da gibt es auch Grenzen der Integrierbarkeit. Und dass man auf europäischer Ebene schauen muss, wie man Flüchtlinge besser verteilt. Genau das ist sehr schwierig, und die Politik tut sich darin zur Zeit sehr schwer, vor allem weil in anderen Ländern – besonders in Osteuropa – sehr gemauert wird und die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen dort sehr gering ist. Daran muss die Politik arbeiten – aber wie das gehen kann, das muss die Politik sehen. Wir Ordensleute haben darin natürlich wenig konkrete Kompetenz.“

Nein, über das C im Namen der CDU und CSU habe man in der Münchener Staatskanzlei nicht gesprochen, berichtet Pater Kiechle – aber natürlich über „christliche Werte und Grundanliegen“. Die Ordensleute hätten Seehofer deutlich gemacht, dass alle nach Deutschland kommenden Flüchtlinge menschenwürdig zu behandeln seien. Und dass es wichtig ist, wie jemand sich in der Öffentlichkeit äußert. Formulierungen wie „massenhafter Asylmissbrauch“ seien unangebracht.

Die Würzburger Franziskanerin Mirjam Schambeck sagte, politische Rhetorik könne Menschen mitnehmen, aber auch verunsichern. Wenn die konstruktiven Kräfte gebündelt würden, sei in Deutschland „ganz viel möglich“. Mit dieser Botschaft hätten die Ordensleute beim Ministerpräsidenten auch „Nachdenklichkeit erzeugt“. Seehofer habe unter anderem eingeräumt, dass die Situation für Deutschland „wirtschaftlich gut zu schaffen“ sei. Das ist zumindest semantisch nicht weit entfernt von Angela Merkels berühmtem „Wir schaffen das“-Satz.

(domradio/kna 05.12.2015 sk)








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