2015-11-27 09:00:00

Papstansprache bei Begegnung mit Jugendlichen im Kasarani-Stadion


Vorbereitete Papstansprache bei dem Treffen mit Jugendlichen im Kasarani-Stadion am 27. November 2015. Wir dokumentieren im Wortlaut, was Franziskus den Jugendlichen schriftlich übergeben hat.

 

Herr Präsident,

liebe Mitbruder im Bischofsamt,

liebe Freunde,

ich danke euch für den herzlichen Empfang heute Morgen. Es ist wunderbar, bei euch zu sein und eure Lebendigkeit und Freude zu erleben, die so schön im Gesang und im Tanz zum Ausdruck kommen. Ich möchte Bischof Anthony Muheria für seine Worte danken, die er in eurem Namen gesprochen hat, wie auch den jungen Menschen, die ihre Zeugnisse mit uns geteilt haben. Es ist nicht immer leicht, so offen über das Leben und den Glauben zu sprechen. Doch wenn wir es tun, wenn wir ehrlich sagen, wer wir sind, lernen wir einander besser kennen und vertiefen unsere Freundschaft. Dann beginnen wir zu sehen, dass wir gar nicht so verschieden voneinander sind und dass wir nicht allein sind. Wir gehen den gleichen Glaubensweg.

Wie ihr wisst, ist dies mein erster Besuch in Afrika, und ihr habt mir das Gefühl vermittelt, zu Hause zu sein. Ich bitte euch aber, nicht nur mich mit solcher Begeisterung zu empfangen, sondern den aufzunehmen, in dessen Namen ich komme: Jesus Christus. Denn das ist der Grund, warum wir heute Morgen hier beisammen sind: uns im Glauben zu stärken, damit wir furchtlos ein frohes und erfülltes Leben im Einklang mit Gottes Willen für einen jeden von uns führen können.

Das ist die Botschaft, die ich euch bringe; das ist das Zeugnis, das ich euch gebe. Ich lade euch ein, »noch heute [eure] persönliche Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern« (Evangelii gaudium, 3). Sagt dem Herrn, dass ihr ihn liebt und dass ihr ihm treu sein wollt. Ich ermahne euch, seid nicht nur dem Namen nach Christen, sondern auch in euren Gedanken, Worten und Werken. Das mag manchmal schwierig erscheinen. Wir sind oft so beschäftigt, dass wir den Dingen, die am wichtigsten sind, wenig Raum lassen. Sicher sind wir mit vielen guten Dingen wie der Arbeit, dem Studium und den Pflichten für Familie und Freundschaft beschäftigt. Wir neigen aber dazu, zu denken, dass Gott ja immer da ist und daher warten kann: Wenn ich ein wenig Zeit finde, werde ich sie ihm widmen. Doch wir alle wissen, was geschieht, wenn man so denkt. Gott verliert den ersten Platz im Leben, und das Leben verliert seine Würze, seine Richtung und seinen Mittelpunkt.

Und darum müssen wir uns täglich neu in Jesus verlieben und uns ihm von neuem anvertrauen. Wenn wir nämlich eine Beziehung der Liebe zu Jesus haben, können wir unterscheiden, was uns zu Gott hinzieht und was uns von ihm entfernt. Die Liebe verändert uns! In diesem Zusammenhang hat ein sehr weiser Priester, Pater Pedro Arrupe, einmal gesagt: »Nichts ist nutzbringender, als Gott zu finden, das heißt, sich ganz absolut und endgültig [in ihn] zu verlieben. Das, worin du verliebt bist, was deine Gedanken gefangen nimmt, wird alles beeinflussen. Es wird entscheiden, was dich morgens aus dem Bett holt, was du an deinen Abenden unternimmst, wie du deine Wochenenden verbringst, was du liest, welche Bekanntschaften du machst, was dir das Herz bricht und was dich mit Freude und Dankbarkeit erfüllt. Verliebe dich, bleibe verliebt, und das wird entscheidend sein für alles.«

Lasst Jesus eure erste Liebe sein, die Liebe, die jede andere Liebe, die euch auf eurem Lebensweg begegnet, mit Freude erfüllt! Mögt ihr ihn in der Heiligen Schrift finden und ihm in den Sakramenten begegnen, besonders in der Eucharistie und in der Beichte!

Wenn wir Jesus kennen und lieben, werden wir eins mit ihm und mit seinem Leib, der Kirche. Wenn wir ihm gehören, gehören wir einander. Wie wichtig ist doch diese Beziehung der Liebe, die mit dem Glauben beginnt, den wir von Gott empfangen haben! Er ist wie ein Samen, den Gott sät und pflegt, damit er Früchte bringt, die des Himmels würdig sind.

Jesus kümmert sich vor allem auf diese beiden Weisen um uns: durch die Kirche und durch unsere Familien.

In der Kirche empfangen wir mit der Taufe das Geschenk des göttlichen Lebens; mit der Firmung werden wir in diesem Geschenk durch den Heiligen Geist gestärkt; wir werden ernährt durch die Eucharistie und getröstet durch Gottes Barmherzigkeit und Vergebung in der Beichte. Außerdem dürfen wir nicht die Liebe und das Zeugnis vergessen, die wir von unseren Familien, den Priestern, den gottgeweihten Personen, den Katechisten und den Pfarreimitgliedern empfangen, die nicht ohne Mühe täglich in ihrem eigenen Glaubensleben wachsen.

In unseren Familien lehrt Gott uns, ihn zu lieben und in Liebe und Frieden zusammenzuleben. Wie die Pfarrgemeinden und die Institutionen, so sind auch die Familien nicht immer vollkommen, und oft erinnern sie uns an die Notwendigkeit von Umkehr, Vergebung, Geduld und gegenseitiger Ermutigung. Die Familien sind Schulen des Gebetes und der Barmherzigkeit, wo wir lernen, wie man in jener Liebe leben kann, die den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist eint. Dort erlernen die Kinder von ihren Eltern und Großeltern die Wege Gottes, sie lernen zu beten und – vor allem – zu vergeben. Doch auch die Kinder lehren die Erwachsenen etwas. Durch ihre Einfachheit, ihre Demut und ihre bedingungslose Liebe erinnern sie uns alle daran, dass Jesus uns auffordert, wie die Kinder zu werden, »denn ihnen gehört das Himmelreich« (Mt 19,14). Mögt ihr gute Söhne und Töchter und liebende Eltern für eure Kinder sein; bedenkt aufmerksam die Weisheit eurer Großeltern und seid immer bereit, auf die Armen zuzugehen und auf die, welche keine Familie haben!

Diese mit euch verbrachte Zeit heute Morgen wird mich während meines ganzen Besuchs in Afrika weiter ermutigen. Ich bitte euch, mich mit euren Gebeten zu begleiten, denn ich habe sie sehr nötig. Ich möchte euch auch noch um etwas Konkretes bitten: Verlasst diesen Ort heute mit einem neuen Engagement, Jesus zu lieben und das Geschenk des Glaubens, den er euch gegeben hat, wieder aufleben zu lassen. Durch diese Liebe und durch eure Treue zum Evangelium werdet ihr Leuchtfeuer der Hoffnung in der Gesellschaft Kenias sein. Ihr werdet zeigen, dass die menschliche Würde wertvoller ist als Besitz; dass die Familie die wesentliche Zelle der Gesellschaft ist; dass Keuschheit und Ehe Geschenke Gottes sind, die nicht nur den einzelnen Menschen verwirklichen, sondern auch die Gemeinschaft bereichern und die Beziehungen stärken; dass eine rechtschaffene Gesellschaft nicht auf Profit und Vorteil einiger weniger aus ist, sondern das Wohl aller sucht. So werdet ihr imstande sein, die anderen zur Liebe Gottes hinzuziehen, die dem Leben Sinn und Richtung verleiht.

Meine Freunde, Kenia ist ein Land, das mit der Schönheit der Natur, mit reichlichen Ressourcen und mit einer langen Geschichte gesegnet ist. Aber sein größter Schatz liegt in seinem Volk, besonders in den älteren Menschen, die seine Weisheit bewahren, und in den jungen Menschen, die auf seine Zukunft vorausweisen. Möge der allmächtige Gott euch, eure Familien und alle Kenianer segnen, und möge er euch Frieden, Wohlstand und große Freude gewähren!

(rv 27.11.2015 no)








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