„Wie konnte unser Lebensstil eine derartige Aggression provozieren?“

Frankreich hält nach den Attentaten drei Tage Staatstrauer ein. In der Kathedrale von Paris feierte Kardinal Andre Vingt-Trois am Sonntag einen Trauergottesdienst für die Opfer der Terrorattacken von Freitagnacht. „Paris hat einen der schwierigsten Momente seiner Geschichte erlebt“, so der Erzbischof der französischen Hauptstadt in seiner Predigt. Und er stellte eine zentrale Frage: „Wie ist es möglich, dass an unseren Schulen und in unseren Städten ausgebildete Jugendliche ein solches Unbehagen entwickeln, dass sie sich dem Phantasma des Kalifats anschließen und dessen moralische und soziale Gewalt ihnen als ein Ideal erscheint, dem sie ihr Leben opfern?“ und weiter: „Womit hat unser Lebensstil eine derart barbarische Aggression provoziert?“  Vingt-Trois gedachte zugleich an alle Opfer von Terror, die von Paris, aber auch die von Beirut, von Nigeria und allen anderen Schauplätzen dieser zeitgenössischen Sonderform der Gewalt. 

Die Attentate von Paris seien ein weiteres Partikel des „Dritten Weltkriegs auf Raten“, sagte Kardinal Vingt-Trois im Gespräch mit Radio Vatikan. „Man muss klarstellen: die Gewalt hat niemals eine Rechtfertigung. Niemals aus sich selbst. Die blinde Gewalt, wie sie hier zum Vorschein kommt, ist aber noch schrecklicher, wenn man das überhaupt sagen kann.“ Die „Besonderheit“ der jüngsten Terrorakte sei die hergestellte Beziehung mit den Vorgängen in Syrien, fuhr der Kardinal fort. „Das Bekenntnis des sogenannten Islamischen Staates ist in diesem Punkt sehr deutlich. Da wird der Wille erklärt, den Krieg ins Herz aller jener Länder zu tragen, die den IS bekämpfen.“ Das große Anliegen der Massaker sei es also, Hass und Panik zu säen. Christen sollten sich darauf nicht einlassen, so der Pariser Kardinal. „Die beste Reaktion ist es, sich in die Hände Gottes zu begeben, im Glauben, und klar und unzweifelhaft zu sagen, so wie das der Papst getan hat, dass Gewalt niemals eine Lösung ist.“

(rv 16.11.2015 gs)