2015-11-04 13:13:00

Italien: Gastfreundschaft, nicht nur für die Lebenden


Die Nachrichtenagenturen melden auch an diesem Mittwoch wieder Zahlen. Zahlen, die jedoch unter die Haut gehen und es ist hier wichtig aufzuschreien und zu sagen – es sind keine Zahlen. Es sind einzelne Leben, Menschen, Männer, Frauen und Kinder, die ihr Leben im Mittelmeer verlieren. Sie ertrinken, erfrieren, sterben. Derzeit kommen die Schreckensnachrichten von den Küsten von Griechenland. Vor Lesbos, wo an diesem Mittwoch und Donnerstag  auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz verweilt um sich einen Überblick der Lage zu verschaffen, sind 5 Menschen im Meer ertrunken. Während die Grenzschutzagentur meldet, dass sie 62 Menschen retten konnten.

Währenddessen trägt man sich in der süditalienischen Region Kalabrien mit einem Vorhaben, das den Menschen, die auf der Flucht ihr Leben im Mittelmeer verloren haben, einen Ort des Gedenkens zuweisen möchte: einen internationalen Friedhof für Flüchtlinge. Die Idee dazu hatte der Kalabrese Franco Corbelli, Präsident der Bewegung „Zivilrechte“, der eifrig von dem emeritierten Erzbischof von Cosenza-Bisignano Salvatore Nunnari unterstütz wurde.

„Die Kalabresen haben auch ihre Grenzen, aber sie sind ein gastfreundliches Volk. Corbelli ist Sohn dieses Landes, und er kämpft für die zeitgemäßen Zivilrechte. Mit dieser Initiative ist er auf derselben Linie wie wir und stimmt überein mit unseren Werten: die der Gastfreundlichkeit, nicht nur für die Lebenden und trotzdem auch für diejenigen, die die Tragödie erleben, entfernt von ihrem Land zu sein….sie sollen diese Aufnahme auch in dem heiligen Ort des Friedhofs erfahren. Die Initiative ist großartig.“

Der Friedhof soll in Tarsia entstehen und nach Aylan Kurdi benannt werden, dem dreijährigen toten syrischen Jungen, der zum Symbol der Tragödien im Mittelmeer geworden ist. Tarsia hat das Projekt bereits abgesegnet, jetzt interessiert sich das Innenministerium dafür. Der emeritierte Erzbischof zeigt sich begeistert über dieses Projekt und betonte, dass der Friedhof der Ort sei, der alle Menschen vereine.

„Das ist das Schöne: in den Gängen des Friedhofs findet man Juden, Muslime….alle. In unserem letzten Abschnitt kommen wir alle in Haus des Herrn. Natürlich, der Respekt wird den Toten in den unterschiedlichen Kulturen und Religionen unterschiedlich erwiesen, aber die Heimat ist der Himmel. Ich wünsche es mir sehr, dass dieser Friedhof bald existiert, ich werde einer der ersten sein, der ihn besucht.“

Der Ort des Friedhofs soll auf einer Fläche von 10.000 Quadratmeter entstehen und zugleich ein symbolträchtiger Platz sein, denn nicht weit davon befand sich auch das ehemalige Internierungslager Ferramonti di Tarsia. Es war das größte derartige Lager Italiens, gedacht für ausländische Juden und Staatenlose, errichtet 1940 vom faschistischen Regime 35 Kilometer vor Cosenza. Innerhalb eines Monats nach der Eröffnung hatte es schon rund hundert Insassen: jüdische Männer, die vorwiegend in den großen Städten Norditaliens festgenommen worden waren. Im September gelangten mit einem Transport von 302 aus Bengasi deportierten Juden auch Frauen und Kinder nach Ferramonti, so dass die Zahl von 700 Häftlingen erreicht wurde.

(rv 04.11.2015 no)








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