2015-10-31 08:33:00

Österreichs Flüchtlinge: „Das politische System versagt"


„Die Katastrophe als Dauerzustand“ titelte eine deutsche Zeitung, hässliche Worte fallen zwischen bayerischen und österreichischen Politikern, und gleichzeitig versuchen jeden Tag Tausende von Menschen über die Grenze Österreichs nach Deutschland zu gelangen. Abseits vom politischen Schlagabtausch versucht vor Ort unter anderem die Caritas, den Menschen zu helfen. Und Johannes Dines, der Direktor der Caritas Salzburg, kommt zu dem Schluss, dass das europäische System versagt hat. Die Kollegen vom Domradio in Köln haben ihn bei der Arbeit an der Grenze erreicht. „Wir merken ganz besonders hier in Salzburg an der deutschen Grenze, dass die Menschen ihr Bild haben, nach Deutschland zu wollen. Oft kommt ja die Kritik, man gebe die Leute nur einfach an Deutschland weiter. Aber das ist fast gar nicht zu steuern. Sie sind hier in Salzburg so knapp vor ihrem Ziel und wollen unbedingt nach Deutschland. Und deshalb ist das manchmal auch relativ mühsam, sie irgendwo anders unterzubringen. Denn sie sehen Deutschland als ihr einziges Ziel und machen sich zum Teil auch selbst auf den Weg, um an die Grenze zu kommen. Es sind ja vom Bahnhof nur noch sechs Kilometer, dann ist man an der Freilassinger Grenze.“

Die Menschen in den Grenzregionen sehen sich am Ende ihrer Aufnahmekapazitäten und Europa insgesamt steht vor einer Belastungsprobe, mittendrin die Flüchtlinge und die Helfer. „Was hier abläuft, ist ein politisches Spiel“, sagt Johannes Dines. „Im Grunde ist es so, dass wir alle wissen, wie viele Menschen in Griechenland ankommen. Und alle wollen weiter nach Deutschland, Skandinavien, Holland oder wohin auch immer. Es bleiben ja auch relativ viele in Österreich, gemessen an der Bevölkerungszahl. Aber das weiß man alles, und dann bräuchte es auch eine Strategie, diese Menschen an ihr Zielland zu bringen. Immerhin sind wir Europa. Wir brüsten uns immer, wie wichtig Menschenrechte sind und dass wir Menschen Asyl geben. Und hier versagt aus meiner Sicht schon das europäische politische System aber auch die globale Politik. Denn die Wurzel des Übels, dass Menschen flüchten müssen, liegt im Mittleren und Nahen Osten. Dort hat die Staatengemeinschaft schon lange versagt.”

Was die Situationen in Österreich und in Deutschland aber gemeinsam haben ist die Wichtigkeit von freiwilliger Hilfe. Gerade jetzt, wo die Kälte kommt und man eigentlich zu spät dran ist. Viel hätte schon früher geschehen können, sagt Dines. Ohne die freiwilligen Helfer ginge es gar nicht. „Wir haben täglich um die 40 bis 50 Personen, allein am Bahnhof und in einer großen Halle in der Nähe der Grenze, wo Kleidung ausgeteilt wird. Man könnte sich das weder leisten noch wäre das aufrecht zu erhalten ohne diesen großartigen Einsatz der Zivilgesellschaft.“

(domradio 31.10.2015 ord)








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