2015-10-24 19:36:00

Papst lobt „lebhafte, offene Diskussion“ der Synode


„Die erste Pflicht der Kirche besteht nicht darin, Verurteilungen auszusprechen, sondern darin, die Barmherzigkeit Gottes zu proklamieren, zur Umkehr aufzurufen und alle Menschen zum Heil des Herrn zu führen“: Das sagte Papst Franziskus in seiner Schlussansprache der Bischofssynode. Unmittelbar nach der Verabschiedung des Synoden-Schlußdokuments durch die Teilnehmer der Familiensynode am Samstagabend lobte er in der Synodenaula, die dreiwöchigen Beratungen hätten „Zeugnis von der Lebendigkeit der katholischen Kirche gegeben“.

Die Kirche habe „keine Angst, die betäubten Gewissen aufzurütteln oder sich die Hände schmutzig zu machen, indem sie lebhaft und offen über die Familie diskutiert“. Auffallend sei, „dass das, was dem Bischof von einem Kontinent normal vorkommt, dem Bischof eines anderen Kontinents seltsam, fast skandalös erscheinen kann“, bemerkte Franziskus. Offiziell geht die Synode mit einer feierlichen Messe am Sonntag auf dem Petersplatz zu Ende.

„Den Kopf nicht in den Sand stecken“

Er habe darüber nachgedacht, „was es für die Kirche bedeuten wird, diese Synode zum Thema Familie zu einem Abschluss gebracht zu haben“, so der Papst. „Sicher bedeutet es nicht, mit allen Themen rund um die Familie jetzt abgeschlossen zu haben.“ Stattdessen se es darum gegangen, „sie mit dem Licht des Evangeliums, der Tradition und der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche zu erleuchten“. Wichtig sei gewesen, „nicht einfach nur zu wiederholen, was sowieso nicht verhandelbar oder längst gesagt war“.

Die Synode habe keineswegs „umfassende Lösungen für alle Schwierigkeiten und Zweifel“ im Bereich Ehe- und Familienpastoral gesucht, „sondern diese Schwierigkeiten und Zweifel vielmehr ins Licht des Glaubens gerückt und aufmerksam untersucht“. Das sei „furchtlos und ohne den Kopf in den Sand zu stecken“ geschehen. Franziskus bekräftigte, die Ehe sei der Bund „von Mann und Frau, gegründet auf Einheit und auf Unauflöslichkeit“.

In einem „historischen Moment der Entmutigung und Krise“ habe die Synode „die Realität, besser gesagt die Realitäten von heute mit den Augen Gottes“ zu lesen versucht. Das Evangelium bleibe für die Kirche „die lebendige Quelle ewiger Neuheit“. Dies richte sich gegen denjenigen, der die Frohe Botschaft „zur Indoktrination benutzen und zu Steinen machen will, die man auf andere Menschen wirft“, so Franziskus. Auch „hinter den Lehren der Kirche oder hinter den guten Absichten“ verbärgen sich leider viele „verschlossene Herzen“; doch die Kirche gehöre „den Armen im Geiste und den Sündern, die nach Vergebung suchen, nicht nur den Gerechten und Heiligen“.

Gegen „Hermeneutik der Verschwörung“

Mit deutlichen Worten wandte sich Papst Franziskus gegen „jede Hermeneutik der Verschwörung oder des Verengens der Perspektive“. „Auf dem Weg dieser Synode konnten die verschiedenen Meinungen frei ausgedrückt werden; leider geschah das manchmal mit nicht ganz wohlmeinenden Methoden!“ Diese Rüge dürfte manchem Missklang aus dem medialen Begleitkonzert der Bischofssynode gegolten haben. Auf Einzelheiten ging Franziskus allerdings nicht ein.

Deutlich geworden sei auf der Synode, „dass die Kulturen untereinander sehr unterschiedlich sind und dass jedes allgemeine Prinzip inkulturiert werden muss, um beachtet und eingehalten zu werden“. Inkulturation bedeute keine „Schwächung“ von Werten, sondern zeige vielmehr „ihre wahre Kraft und ihre Echtheit“. Nicht die Werte änderten sich bei ihrer Einbettung in einen neuen Kontext, sondern „die verschiedenen Kulturen verändern sich friedlich und graduell“ durch die Werte.

Die Familie müsse „gegen alle ideologischen und individualistischen Angriffe verteidigt“ werden, und zwar „ohne der Gefahr des Relativismus aufzusitzen oder die anderen zu dämonisieren“, forderte der Papst. Mit Entschiedenheit fügte er den synodalen Weg der Kirche zur Erneuerung ihrer Ehe- und Familienpastoral in das bevorstehende Heilige Jahr der Barmherzigkeit ein.

„Wahren Verteidigern der Lehre geht es um den Menschen“

„Die Erfahrung der Synode hat uns auch verstehen lassen, dass die wahren Verteidiger der Lehre nicht die sind, die den Buchstaben, sondern die, die den Geist verteidigen; nicht die Ideen, sondern den Menschen; nicht die Formeln, sondern die Unentgeltlichkeit der Liebe Gottes und seines Verzeihens. Das bedeutet nicht, die Wichtigkeit der Formeln, Gesetze und Gebote Gottes irgendwie zu verkleinern, sondern die Größe des wahren Gottes zu preisen.“

Papst Franziskus zitierte ausführlich seine Vorgänger Paul VI., Johannes Paul II. und Benedikt XVI., um die zentrale Bedeutung der Barmherzigkeit Gottes für die Kirche zu betonen. „Für uns alle hat das Wort Familie jetzt einen anderen Klang als früher“, meinte er abschließend. Nach der Synode mache sich die Kirche jetzt wieder „auf den Weg, um wirklich in jeden Teil der Welt“ und „in jede Situation hinein das Licht des Evangeliums, die Umarmung durch die Kirche und die Unterstützung durch Gottes Barmherzigkeit zu bringen“.

(rv 24.10.2015 sk)








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