2015-10-16 14:13:00

„Die Synode ist work in progress“


Auf der Bischofssynode im Vatikan hat, am Donnerstagabend und Freitagmorgen, die Stunde der eingeladenen Gäste und der Vertreter anderer christlicher Konfessionen geschlagen. Ein Moment der Öffnung, in vielerlei Hinsicht: Denn ihre Redebeiträge werden veröffentlicht, anders als die der stimmberechtigten Teilnehmer. Timothy Thornton, anglikanischer Bischof von Truro in Großbritannien und Mitglied im britischen Oberhaus, war am Freitag vor der Presse voll des Lobes für die Synode, die er im Auftrag seines Primas Justin Welby beobachtet. „Ich glaube, was wir hier erleben, ist work in progress, und ich habe schon früh gelernt, dass man zwangsläufig enttäuscht wird, wenn man von einem Ereignis zuviel erwartet. Wenn also einige hier im Raum oder außerhalb zuviel von der Synode erwarten – als ob am Ende des synodalen Prozesses eine Art Offenbarung stattfinden würde –, dann glaube ich (auch wenn ich mich täuschen könnte): Das wird wohl nicht passieren. Was ich aber mit eigenen Augen gesehen habe, ist, dass die Synodenväter hier gelernt haben, mehr und mehr synodal, also auf einer gemeinsamen Straße unterwegs zu sein. Für mich war es außerordentlich, diese Beobachtung zu machen. Das ist ein wirkliches Zeichen der Hoffnung für die römisch-katholische Kirche!“

Der anglikanische Bischof hat beobachtet, dass die freie Diskussion im Plenum, die anfangs noch etwas steif verlaufen sei, immer mehr an Fahrt aufnehme. „Immer mehr Synodenväter drücken jetzt schnell ihren Redeknopf, und wir haben immer mehr wirklich freie Wortmeldungen. Gestern sagte jemand in der Aula etwas über den sexuellen Charakter der Eucharistie. ‚Das ist mein Leib für euch‘ als Gegensatz zu ‚Das ist dein Leib, den ich mir nehme‘… Ich finde das wirklich sehr tiefgehende Stellungnahmen, über die ich sicher lange nachdenken werde.“

Orthodoxer „brüderlicher Delegierter“ bei der Bischofssynode ist Stephanos, Primas der orthodoxen Kirche Estlands und Vertreter des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel. „Die Kirche von Rom hat eine wunderbare Arbeit geleistet; sie hat alle Probleme auf den Punkt gebracht, ohne irgendetwas dabei zu vertuschen… Alle christlichen Kirchen sind heute mit demselben Phänomen konfrontiert: Je mehr vom Gesetzgeber im Bereich Ehe und Familie erlaubt wird, umso mehr wird einem gewissen Nihilismus Vorschub geleistet, umso mehr entfernt man sich auch von der Lebenswirklichkeit. Die Kirche muss, auch wenn das in der Gesellschaft Schwierigkeiten bereitet, eine Realität des Anders-Seins bewahren und proklamieren. Die menschliche Ehe geht von einer realen Gegebenheit aus: Mann und Frau. Ein Paar, das sind nicht zwei Männer oder zwei Frauen. Das ist ein Mann und eine Frau!“

In der Verschiedenheit der Geschlechter lasse sich die „Erfüllung der menschlichen Natur finden“, so Stephanos. „Diese Realität im Namen der Gleichheit oder im Namen der Anti-Diskriminierung zu verwischen, bedeutet, die Differenz, das Anders-Sein, zu leugnen. Aber in der Natur ist keine Evolution möglich ohne Verschiedenheit! Darum haben wir Christen eine Rolle für die Welt – für das Leben der Welt. Nicht nur, um unsere Lehren beizubehalten. Es ist für das Leben der Welt, dass wir ein Zeugnis ablegen müssen.“

(rv 16.10.2015 sk)








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