2015-09-22 08:00:00

Geschwister-Pfarreien: Bereichert vom Glauben in Kuba


Reisen bringen Begegnungen, und Begegnungen lassen Beziehungen wachsen, wer einmal unterwegs war und mehr als nur Tourist war, weiß das - wie Papst Franziskus. Dann aber müssen die Kontakte oder Freundschaften und Begegnungen gepflegt werden. Eine Papstreise ist ein Großereignis, aber oft sind es eher kleine Ereignisse, die tragfähige Beziehungen entstehen lassen, wie unser Korrespondent Pater Bernd Hagenkord in Havanna herausgefunden hat.

Es ist die Gegend Havannas, in der die alten Kolonialhäuser nicht mehr romantisch sind. San Nicolas ist ein sehr einfacher Stadtbezirk, gleich hinter dem Kapitol, fußläufig in der Nähe der touristischen Altstadt, aber gleichzeitig auch eine ganz Welt entfernt. Alles sieht verfallener aus, kleiner, notdürftig reparierter. „Es ist eine Pfarrei in einem sehr einfachen Bezirk, mit sehr einfachen Leuten,“ berichtet Maria Socorro Perez. „Die Menschen sind aber enthusiastisch und froh, wie wir Kubaner alle, und es gibt viele Kinder hier, um die wir uns besonders kümmern.“ Wir sitzen in einem Raum hinter der Kirche, der als Büro, Sakristei und Kaffee-Raum dient, über uns bastelt eine Altengruppe Spielzeug, um die Arbeit zu unterstützen, es gibt eine Bibliothek und einen Computerraum, etwas Seltenes in dieser Gegend der Stadt. Wie viele Katholiken in der Pfarrei leben? Schwer zu sagen. Viele. Aber viele sind auch gleichzeitig Mitglied der Santería, also einer synkretistischen Religion, die Maria als afrikanische Göttin verehrt, neben anderen Heiligen-Göttern, und für die eine katholische Taufe Bedingung ist. Gerade unter den Armen ist diese Religion sehr verbreitet.

Partnerschaft mit Christkönig, Osnabrück

Sozial ist die Pfarrei sehr aktiv, es gibt Gruppen für Menschen mit Problemen, Alkoholismus, Nervenkrankheiten, Drogen und AIDS. Man gibt hier Medikamente an Bedürftige aus, alles, was es in so einer Gemeinde braucht. Außerdem findet viel Bildungsarbeit statt.

Alles in allem ist die Pfarrei San Judas y Nicolas nichts Besonders, es gibt viele solche Pfarreien unter den Armen der Insel. Aber etwas ist da doch, berichtet Maria Socorro: „Seit 2008 haben wir eine Hermandad mit der Pfarrei Christkönig in Osnabrück“, also eine Partnerschaft. „Das ist schön, wir gehören zueinander in Christus, wir beten füreinander, wir helfen einander, und ab und zu besuchen wir uns gegenseitig.“ Ihre Tochter Daira, ebenfalls in der Hermandad engagiert, erzählt begeistert von ihrem Besuch, aber auch von der Kälte in Deutschland, man müsse sich da an so vieles gewöhnen.

Was aber auch eine Bereicherung ist, berichten die Partner der Hermandad aus Osnabrück. „Das Kirchesein ist so ganz anders, als wir das in Osnabrück erleben“, berichtet Monika Weber, die am Projekt beteiligt ist und selber auch schon in Havanna war. „Es ist geprägt von Lebensfreude und der Begegnung der Menschen, so dass uns bei unserem Besuch Augen, Ohren und Herz weit offenstanden. Man stellt sich das vielleicht manchmal in Osnabrück so vor, oder in unserer Wohlstandsgesellschaft, dass wir in dieses Land Kuba kommen und den Segen dorthin bringen. Ich habe das genau umgekehrt erlebt. Ich habe mich immer sehr bereichert gefühlt durch das, was ich dort erleben durfte, und mir scheint, dass das auch den Menschen dort so geht, die sich gegenseitig stützen.“ Die Lebendigkeit des Glaubens und des Gottesdienstes durfte sie neu kennenlernen, berichtet Monika Weber. „Mit dem Kontakt nach Kuba ist mir noch einmal deutlich geworden, dass das Unmögliche möglich wird, wenn man nur daran glaubt.“

Glaubensfreude neu kennen lernen

2005 habe man sich kennen gelernt, als eine komplette Delegation aus Kuba zum Weltjugendtag in ihrer Pfarrei untergebracht gewesen sei; daraus sei dann die Partnerschaft gewachsen, berichtet Jutta Erpenbeck. „Wir hatten fünf sehr intensive Tage, und danach haben wir gedacht, dass das so beeindruckend war, dass wir den Kontakt gerne halten würden.“ Und dann ergab das eine das andere, seit 2008 gibt es die offizielle Partnerschaft. „Zunächst war es so, dass ich Kuba nur mit bestimmten Dingen in Verbindung gebracht habe, gar nicht so sehr mit Glaube, Religion und Gemeinde. Hier kamen dann aber diese jungen Menschen an, die von Anfang an sehr frei und sehr offen über ihren Glauben und ihre religiöse Erfahrungen gesprochen haben. Da hat man gemerkt, dass das viel mit ihrem Alltag zu tun hat. Sie waren sehr interessiert an uns, was habt ihr für Gruppen, wie lebt ihr hier Gemeinde. Der Austausch war lebendig, und es war für mich eine Überraschung, das so zu erleben."

„Wir dienen gemeinsam“, sagt Maria Socorro beim Abschied noch. „Und wir helfen einander. Sozusagen wie ein Armer dem Anderen. Das ist unsere große Stärke. Etwas zu haben ist nichts, wenn man es nicht teilt. Man muss teilen.“

Aus Havanna Pater Bernd Hagenkord

(rv 22.09.2015 ord)








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