Hochrangige christliche und muslimische Kirchenführer aus dem Nahen Osten haben
in Athen gemeinsam zum Einsatz gegen Terrorismus aufgerufen. Sie prangerten mit Nachdruck
die Verfolgung christlicher und anderer religiöser oder ethnischer Gemeinschaften
in Nahost an und verurteilten jene, „die die Religion manipulieren, um Gewalt gegen
Menschen anderen Glaubens und die Entweihung heiliger Stätten und Symbole zu rechtfertigen".
Das steht in der „Erklärung von Athen", die bei einer interreligiösen Tagung in der
griechischen Hauptstadt erarbeitet wurde. Veranstalter waren das Wiener König-Abdullah-Dialogzentrum
KAICIID und das Ökumenische Patriarchat von Istanbul. Auch ein Vatikan-Vertreter war
in Athen zugegen.
Der christlich-muslimische Appell war besonders an religiöse und politische Führungspersönlichkeiten
gerichtet, aber auch an die Zivilgesellschaft: Gegen den wachsenden gewalttätigen
Extremismus und Terrorismus, der Jahrhunderte friedlicher Koexistenz im Nahen Osten
bedrohe, gelte es einen „entschlossenen Standpunkt" einzunehmen. Gefordert wurde zudem
„die Freilassung aller Geiseln, der entführten Zivilisten und religiösen Führungspersönlichkeiten
sowie die Rückkehr der Inlandsvertriebenen und -flüchtlinge".
Die Athener Tagung am 2. und 3. September, die sich ausdrücklich den Bürgerrechten
der Christen in Nahost und ihrer Umsetzung widmete, erfolgte im Rahmen des vom Ökumenischen
Patriarchen Bartholomaios I. ausgerufenen „Dialogs zwischen Christen und Muslimen"
und der vom KAICIID vorigen November in Wien gestarteten Initiative „Geeint gegen
Gewalt im Namen der Religion". Teilnehmer waren u.a. der armenisch-apostolische Katholikos
von Kilikien, Aram I., der griechisch-katholische melkitische Patriarch von Antiochien,
Gregorios III. Laham, der sunnitische Großmufti des Libanon, Abd-el-Latif Derian,
und sein jordanischer Amtskollege Abd-ul-Karim Khasawneh, zudem auch Repräsentanten
des syrisch-orthodoxen und des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien, schiitische
Theologen aus dem Libanon und dem Irak, Vertreter des Heiligen Stuhls, des Nahöstlichen
Kirchenrats, der Drusen und der Universität Al-Azhar.
Wie die Unterzeichner klarstellten, bedrohe der Konflikt im Nahen Osten die „religiöse
und kulturelle Verschiedenheit in der Region", unterminiere die friedliche Koexistenz
von Christen, Muslimen und Andersgläubigen, liefere Hunderttausende Menschen brutaler
Gewalt aus und zwinge sie, ihre Heimat zu verlassen. Gewalttätige Extremisten würden
dabei Christen, Muslime und Angehörige anderer religiöser oder ethnischer Gruppen
misshandeln und töten. Ihre „abscheulichen Taten" seien von Ideen geprägt, die „völlig
unvereinbar" mit der gemeinsamen Kultur und Geschichte des Nahen Ostens seien und
auch „authentischen religiösen Lehren" widersprechen, hieß es in der Erklärung.
Die Verbrechen würden auch die Gemeinschaft von Gläubigen zerstören – „zwischen den
Bekennern verschiedener Religionen und unter den Bekennern des selben Glaubens", so
die muslimischen und christlichen Führer weiter. Die jeweils eigenen Religionen würden
ausdrücklich zu Frieden und Koexistenz aufrufen. „Das sind die zentralen Werte unserer
Religionen." Die Religionsvertreter bekannten sich im Athener Dokument zudem „mit
einer Stimme" zu dem vielfältigen religiösen und kulturellen Erbe, das ein „unersetzlicher
Schatz" und ein integraler Bestandteil der arabischen und nahöstlichen Kultur sei.
Die christlichen, religiösen oder ethnischen Gemeinschaften der Region wurden weiter
als jeweils „integraler und untrennbarer Bestandteil der religiösen und kulturellen
Verschiedenheit des Nahen Ostens" bezeichnet, der wesentlich zur „gemeinsamen nahöstlichen
Identität" beitrage. Gegenüber diesen Gemeinschaften betonte die Erklärung eine „unerschütterliche
Solidarität": Die Unterzeichner verpflichteten sich, gemeinsam für „Frieden mit Gerechtigkeit"
zu arbeiten und mit allen Kräften für die Schaffung jener Bedingungen beizutragen,
„mit denen die Christen und die Angehörigen anderer religiöser oder ethnischer Gemeinschaften
im Nahen Osten in Freiheit und Würde als vollberechtigte Bürger leben können".
Eindringlich mahnten die Religionsführer an die Entscheidungsträger der Region zur
Wahrung der Verschiedenheit in den nahöstlichen Gesellschaften. Begrüßt wurden indes
Initiativen zur Stärkung des gesellschaftlichen Gefüges auf Basis der Prinzipien gemeinsamer
Bürgerschaft. Auf lokaler Ebene seien „frühzeitige Anstrengungen" nötig, um Versuchen
einer Trennung der religiösen Gemeinschaften und des Schürens von Konflikten Einhalt
zu gebieten. Ebenso sollten gemeinsame lokale Entwicklungsprojekte gefördert werden,
um den verschiedenen Gemeinschaften zu helfen, einander zu treffen, zusammenzuarbeiten
und Vertrauen aufzubauen.
(kap 07.09.2015 gs)
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