2015-08-21 14:42:00

Laudato Si Folge 13: Wasser als Menschenrecht


Wasser ist für den Menschen lebenswichtig. Der Zugang zu sicherem Trinkwasser aber auch die einwandfreie Entsorgung von Brauchwasser sind für das Recht jedes Menschen auf Leben grundlegend. Deshalb haben die Vereinten Nationen den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu einem Menschenrecht erklärt. Auch Papst Franziskus betont in seiner Umweltenzyklika die Bedeutung des Wassers für die Menschheit und spricht von einer schweren sozialen Schuld, die die Welt angesichts von Wasserverschmutzung und Verschwendung auf sich lädt. Radio Vatikan sprach mit dem Wirtschafts- und Sozialethiker Johannes Wallacher von der Hochschule für Philosophie in München über Lösungen einer gerechten Wasserversorgung für die Menschen.

Der Aufschrei war groß, als die EU neue Regeln zur Privatisierung von Wasser auf den Weg bringen wollte. Bürgerinitiativen sammelten über eine Millionen Unterschriften für eine Petition gegen das Vorhaben und hatten Erfolg: Die EU machte einen Rückzieher und versprach, sich auch in Zukunft für sauberes und erschwingliches Trinkwasser für alle stark zu machen. Viele EU-Bürger hatten befürchtet, dass mit der neuen Regelung die Trinkwasserversorgung an private Unternehmen abgegeben werde und sie die Kontrolle über Preis und Qualität übernähmen. Auch Papst Franziskus kritisiert in seiner Umweltenzyklika Laudato Si eine weltweite Tendenz, Wasser zu privatisieren. Dabei ist die Privatisierung von Wasser nicht grundsätzlich schlecht, wie der Sozialethiker Johannes Wallacher erklärt:

„Die große Frage ist nicht: Privatisierung ja oder nein, sondern immer unter welchen Bedingungen? In vielen Ländern ist es leider so, dass die staatlichen Strukturen zu schwach sind, von ihrer technologfischen Kapazität, aber auch von ihrem korruptiven Hintergrund, dass sie es wirklich gewährleisten, dass die Staaten solch ein anspruchsvolles System der flächendeckenden Wasserversorgung gewährleisten. Da können private Anbieter teilweise eine Hilfe sein, aber es müssen ganz klar die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen so beschaffen werden, dass dieses Menschgenrecht auf Wasser für jeden gewährleistet ist. Das könnte man zum Beispiel so machen, dass eine gewisse Grundmenge an Wasser für jeden Menschen kostenlos ist, dass über eine Grundmenge hinaus der Bedarf dann entsprechend teurer wird. Weil völlig kostenfreies Wasser natürlich auch einer Verschwendung Vorschub leistet“

Dass der kostenlose Zugang zu Wasser die Verschwendung befeuern kann, macht Wallacher mit einem Beispiel aus Ägypten deutlich: Jahrelang wurde dort den Landwirten das Wasser zu hoch subventionierten Preisen kostenlos zur Verfügung gestellt. Das führte dazu, dass Ägypten einer der größten Weizenexporteure der Welt wurde. Das wiederum hatte zur Folge, dass die Grundwasservorräte dort so schnell ausgebeutet wurden, dass sie nachhaltig nicht mehr zur Verfügung stehen. Für eine nachhaltige Wasserversorgung ist kostenloses Wasser also eher kontraproduktiv, meint Wallacher. Wichtig ist dabei in erster Linie das Prinzip des Gemeinwohls. Das sei auch ein kultureller Lernprozess, bei dem alte Traditionen als Vorbild dienen könnten:

Da gibt es zum Beispiel auch die Weisheit indigenen Wissens. Zum Beispiel haben indigene Völker über Jahrtausende hinweg mit Weisheit und Klugheit ihre Wasserversorgungssystem entwickelt. Die müssen wir sehr vie stärker wieder auch zur Geltung bringen. Das heißt vor allen Dingen: Mitsprache und Beteiligung der Menschen vor Ort. Das ist das Grundprinzip, ein Dialog des Handelns, den der Papst in seiner Enzyklika ja auch mit einbringt, das heißt die Partizipation und Beteiligung der Betroffenen an der Art und Weise wie diese Wasserversorgungssysteme geregelt werden.

Ein weiteres Problem ist die Verschmutzung von Wasser. Papst Franziskus beklagt die hohe Sterblichkeit bei Kindern, die verschmutztes Wasser zu sich nehmen. Krankheiten wie Cholera würden ausgelöst durch schlechte Hygienebedingungen und unangemessene Wasservorräte. Hinzu verschmutzten Abfälle von Fabriken und landwirtschaftliche Betriebe das Grundwasser. Papst Franziskus sieht die Schuld insbesondere bei den reichen Industrienationen gegenüber ärmeren Ländern. Doch diese Schuld ist nicht so einfach zu begleichen, wie Johannes Wallacher erklärt:

„Auch aus der ethischen Perspektive, wenn Menschen zum Beispiel in Regionen mit sehr großen Wasservorräten wie in Norwegen, in Kanada teilweise aber auch Deutschland, ist es aber auch ethisch nicht problematisch, wenn sie größere Wassermengen für Hygiene verwenden, das heißt mehr Wasser für das Duschen verwenden, was für bestimmte Rohrleitungssysteme als Durchschussmenge hilfreich ist. – Hier zeigt sich, Wasserprobleme sind regionale Probleme, auch wenn es manchen globalen Bezug gibt.- Das heißt, wenn ich die bewässerten Orangen aus Israel hier konsumiere, konsumiere ich natürlich einen teil des Wassers, das dort zur Verfügung steht. Das ist so der globale Bezug. Aber insgesamt ist es keine Option, Wasser aus wasserreichen Regionen wie Kanada jetzt zum Beispiel nach Afrika oder in andere Entwicklungsländer zu bringen, weil das technisch nicht möglich ist.“

Papst Franziskus warnt davor, dass ein größerer Wassermangel zu einem Anstieg der Nahrungsmittelpreise führen wird, wie vom Wasserverbrauch abhängen. Einige Forscher sagten bereits innerhalb weniger Jahrzehnte einen akuten Wassermangel voraus. Die Umweltbelastungen könnten Milliarden von Menschen schaden. Außerdem könne die Kontrolle des Wassers durch einige weltweite Großunternehmen zu einer der Konfliktquellen dieses Jahrhunderts werden. Johannes Wallacher jedoch betont, dass die Konflikte vorwiegend regional ausgetragen werden und Wasser dabei selten der eigentliche Grund für die Auseinandersetzungen sei.

„Der Konflikt zwischen Israel und Palästina wird natürlich auch über den Zugang zu Wasser geführt, hier wird vor allem den Menschen im Gaza-Gebiet und in den besetzten Gebieten auf eine bestimmte Weise eben die Wasserversorgung vorenthalten. Hier ist Wasser ein Konfliktfaktor, aber nicht der auslösende Konfliktfaktor. Es gibt andere Regionen, in denen es eine friedliche Einigung bei grenzüberschreitenden Flüssen gibt,  bei denen eine kooperative Lösung durchaus auch die Chancen für ein friedliches Miteinander erhöht. Das heißt, wenn es in den Anrainerstaaten zum Beispiel des Niels zwischen Äthiopien und Ägypten zu einber kooperativen Lösung kommt, dann kann das eher stabilisierend für die Beziehung wirken. Also Wasser – oder Ressourcen allein – sind in den seltensten Fällen konfliktauslösend, sondern nur dann, wenn es auf politischer Ebene nicht gelingt.“

(rv 21.08.2015 cz)








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