Roma und Sinti sind ein wichtiger Teil der Kirche und bringen durch ihr Unterwegs-Sein
Gott als Lebensziel zum Ausdruck: Das hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl am
Sonntag in Mariazell bei der internationalen Roma-Wallfahrt erklärt. Mehrere hundert
Gläubige kamen zur 20. Pilgerfahrt seit der Wiedereinführung der langen Tradition
in den steirischen Marienwallfahrtsort und nahmen teil an einem Gottesdienst, in dessen
Rahmen auch eine Jugendliche gefirmt wurde. Mit Krautwaschl konzelebrierten die Roma-Seelsorger
Helmut Schüller und Fabian Mmagu sowie der Mariazeller Superior Pater Karl Schauer
vor dem Gnadenaltar.
Jedes Unterwegssein braucht ein Ziel, sonst wird der Weg zu einem Irrweg, erklärte
Krautwaschl in seiner Predigt. Dieses Ziel, welches für Christen letztendlich das
Leben bei und mit Gott sei, müsse stets bereits auch den Weg dorthin prägen. Konsequent
gedacht, sei daher auch jede gegenwärtige Begegnung eine „Vorwegnahme und Realisierung
des Ewigen“. Auch die Sakramente der Kirche seien sichtbare Zeichen, mit dem das für
das Ende Vorausgesagte schon im Hier und Heute erfahrbar werde. Christen seien dazu
verpflichtet, ihrem Ziel auch im jeweiligen Lebensstil zu entsprechen, forderte der
Bischof. Sie sollten daher „gütig zueinander, barmherzig und vergebungsbereit sein
und einander lieben“.
An der jährlich am zweiten Augustsonntag stattfindenden Wallfahrt, die vom Referat
für ethnische Gruppen in der Diözese Eisenstadt und dem Verein „Romano Centro“ in
Wien organisiert wurde, nahmen auch dieses Jahr außer österreichischen Roma und Sinti
ebenso slowakische, ungarische und deutsche Gruppen teil. Lieder und Gebete in den
unterschiedlichen Romani-Varianten prägten das Geschehen innerhalb und außerhalb der
steirischen Wallfahrtsbasilika, zudem überbrachten die Gläubigen Votivgaben. Für Nachmittag
stand ein Kulturprogramm auf dem Vorplatz der Basilika sowie ein abschließendes Gebet
bei der Marienstatue an der Nordseite der Kirche auf dem Programm.
Die Mariazeller Wallfahrt ist das wichtigste Gemeinschaftsereignis der Roma und Sinti
in mitteleuropäischen Ländern und geht auf eine jahrhundertealte Tradition zurück,
zumal die katholischen Vertreter der Volksgruppe einen besonders engen Bezug zur heiligen
Maria aufweisen. Bis 1938, vor der Verfolgung und fast vollständigen Auslöschung der
Volksgruppe während der NS-Zeit, war die Wallfahrt ein fester Bestandteil des Wallfahrtsgeschehens
in Mariazell. Danach vergingen beinahe 60 Jahre, bis wieder Roma und Sinti zur „Magna
Mater Austriae“ pilgerten. Seit 1996 - drei Jahre nach der Anerkennung als Volksgruppe
- wird sie wieder jährlich abgehalten.
(kap 09.08.2015 sk)
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