2015-08-08 12:16:00

Syrien: IS-Terroristen entführen über 100 Christen


Kämpfer der Terrorgruppe ‚Islamischer Staat’ haben am Donnerstag mindestens 230 Zivilisten in der Stadt Karjatain gefangengenommen. Mindestens 150 der Entführten sind Christen. Die Stadt mit rund 40.000 Einwohnern, davon ein Drittel Christen, war am Donnerstagmorgen von den Terroristen erobert worden, nachdem sich IS-Selbstmörder an drei von der syrischen Armee kontrollierten Zufahrtsstraßen in die Luft gesprengt hatten. Karjatain gilt als eine Schlüsselposition in Zentralsyrien. Nach Angaben von Menschenrechtlern sind unter den am Donnerstag Entführten viele Kinder.

„Man hatte schon mit der Ankunft der Terroristen gerechnet, weil sie Komplizen in Qaryatain hatten“, erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan Ignace Youssif III. Younan; er ist Patriarch der syrisch-katholischen Kirche. „Ich habe gerade mit unserem Patriarchalvertreter in Karjatain gesprochen: Keiner weiß dort, welches Schicksal jetzt den Christen bevorsteht. Nach der Entführung von Pater Jacques Mourad waren noch ca. 120 Familien in der Region verblieben; einige von ihnen sind vor ein paar Tagen geflohen, aber noch in keinem Lager angekommen – man weiß nichts von ihnen.“

Der in Syrien weithin bekannte syrisch-katholischen Mönch Jacques Mourad ist am 21. Mai in Karjatain von Dschihadisten entführt worden. Für Christen ein deutliches Warnsignal: Der Mönch hatte sich nämlich als Oberer des Klosters St. Elias immer für Dialog und Freundschaft zwischen Christen und Muslimen eingesetzt. Seine Entführung löste auch bei den örtlichen muslimischen Führungspersönlichkeiten Empörung aus. Schon damals war der Verdacht aufgekommen, dass Mourad in die Hände des „Islamischen Staats“ gefallen sein könnte.

„Es ist eine religiöse Säuberung“

„Wir sprechen nicht von ethnischer Säuberung, weil Christen und Muslime in Syrien alle zur selben Ethnie gehören“, so der Patriarch. „Es ist eine religiöse Säuberung! Was Ihre Regierungen nicht sehen wollen, und wovon Ihre Regierungen nichts wissen wollen. Denen ist die Religionsfreiheit dieser Gemeinschaften, die über Hunderte von Jahren durch ihre Treue zum Evangelium dort durchgehalten haben, ziemlich egal. Es ist religiöse Säuberung! Sie wollen uns dort nicht haben! All das ist die Schuld dieser zynischen Regierungen, die immer nur an ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten denken. Die denken so: Wenn die Leute es schaffen, dort zu bleiben, na gut; und wenn nicht, dann sollen sie doch über das Meer kommen!“

Der im Libanon residierende Patriarch – man hört es – ist ziemlich wütend über den Westen. „Man sagt uns, es gebe internationale Einrichtungen zur Verteidigung der Menschenrechte und der Religionsfreiheit – aber wo sind die denn? Das ist eine Lüge! Fakt ist doch: In Qaryatain gab es bis vor zwei Monaten etwa 300 christliche Familien – wirkliche Helden, die dort geblieben waren, mit ihrem Pfarrer, Pater Mourad, der dann entführt wurde, obwohl er so vielen Muslimen geholfen hat... Was sollen wir tun? Wie hat es der ‚Islamische Staat’ geschafft, so weit zu kommen, bis nach Karjatain, wo war denn überhaupt die Armee? Die meisten Einwohner, die Sunniten, stecken doch mit diesen Terroristen unter einer Decke – die haben doch nur auf die Gelegenheit gewartet, die Soldaten anzugreifen!“

(rv 08.08.2015 sk)








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