2015-08-07 10:37:00

Laudato Si', Folge 1: Der heilige Franziskus


Mit der Enzyklika Laudato Si’ betrat Papst Franziskus Neuland. Er war nicht der erste Papst, der zu Umweltfragen und zum Zusammenhang von Klimaerwärmung und Gerechtigkeit Stellung bezog, aber mit seinem Schreiben legte er erstmals kirchliche Lehre zu diesem Themenkomplex vor. „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ lautet der Untertitel des Schreibens, es geht um die ganze Weite der Fragen, die damit zusammen hängen.

Radio Vatikan möchte in den kommenden Wochen zur Vertiefung der einzelnen Themen beitragen. Täglich werden wir einen Experten oder eine Expertin zur Sprache kommen lassen, um Einzelthemen genauer besprechen zu können. Anfangen wollen wir mit dem Mann, der dieser Enzyklika den Namen verpasst hat und der als Pate über der Sorge für die Welt steht, der heilige Franziskus von Assisi. Dazu haben wir mit Bruder Thomas Freidel OFMConv aus Assisi gesprochen.

Es passt gut zusammen, dass Papst Franziskus seine erste eigene Enzyklika „Laudato Si´“ genannt hat – nach dem berühmten Sonnengesang des Heiligen Franziskus von Assisi. Mit dem Begründer des Franziskanerordens verbindet ihn mehr als nur der Name: Er greift den Schöpfungsgedanken auf, nach dem der Heilige Franz vor mehr als 800 Jahren gelebt hat. Für den Franziskanerbruder Thomas Freidel ist dieser Schöpfungsgedanke der Ausgangspunkt für alle Themen, die der Papst in der Enzyklika anspricht:

„Also, die Schöpfung, die von Gott her kommt, führt auch wieder zu ihm hin. Das erkennt Franziskus wieder neu und so überwindet er ja auch ein Denken, das damals noch weit verbreitet war, dass man sagte: Die Welt ist böse, sie ist schlecht, sie verführt uns zum Bösen, sie lenkt uns ab vom Wesentlichen. Franziskus erkennt eben: Nein, die Schöpfung ist gut, weil sie von Gott her kommt und weil sie eben auch unsere Spur ist, die zu ihm hinführt.“

Diese Idee fasst Papst Franziskus in der Enzyklika mit dem Begriff der „ Schöpfungsverantwortung“ zusammen. Bruder Thomas hält die franziskanische Ausrichtung des Papstes für einen spannenden Versuch, den es so in der Kirche noch nicht gegeben hat:

„Denn es ist ja immer schon ein Unterschied gewesen. Papst Franziskus hat sich in die Kirche integriert, der Papst damals hat die Bewegung des Franziskus akzeptiert und hat erkannt dass in ihr eine Chance für die Erneuerung der Kirche liegt, aber beide bleiben immer noch verscheiden: Der Papst bleibt der Papst und Franziskus bleibt schon auch immer noch so eine etwas provozierende Gestalt gegenüber. Und der jetzige Papst versucht beides zu sein, das ist ein sehr interessantes Experiment.“

Bruder Thomas ist optimistisch, dass dieses Experiment gelingen werde, nicht zuletzt weil Papst Franziskus klar und ehrlich ist: in seiner Wortwahl, seinen Argumenten und in seiner Haltung Er scheue sich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen und auch vor Kritik habe er keine Angst. Vor allem aber spreche er – wie der Heilige Franz – die Themen, an, die fast alle Menschen interessieren und berühren:

„Also Sehnsüchte des Menschen, wie zum Beispiel: Einklang mit der Schöpfung, Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden und eben die Transzendenzschiene, die Verbindung mit Gott zu suchen und zu finden – das greift Papst Franziskus auch ganz bewusst auf. Und er nutzt und sieht das Beispiel des Franziskus ganz bewusst, um jetzt selber diesen ja etwas neuartigen Weg zu gehen, als Papst einfach mal in ganz bewusster Weise von diesen Themen zu sprechen. Das haben seine Vorgänger ja auch getan, er zitiert sie alle in der Enzyklika am Anfang. Er selber geht da noch mal einen Schritt weiter und orientiert sich noch mal konkreter an dem, was Franziskus gesagt hat.“

Für den Heiligen Franz von Assisi war die Schöpfung wie ein Buch Gottes. Weil jedes Geschöpf in sich ein Ausdruck des dreifaltigen Gottes sei, sei die gesamte Schöpfung ein Zeugnis Gottes, das ausreichend ist, um Gott auf die Spur zu kommen. Daran knüpft Papst Franziskus in Laudato Si´ an. Die Enzyklika sei gleichzeitig Erinnerung und Aktualisierung des Werkes vom Heiligen Franz von Assisi, so Bruder Thomas. In der Schöpfungsverantwortung liege der Weg zu Gott: In seiner Enzyklika fordert Papst Franziskus darum eine achtsamere Zuwendung zur Schöpfung. Für den Heiligen Franz von Assisi lag in dieser Zuwendung ganz bewusst eine Spur, die zu Gott hinführe.

„Also der Begriff der Spur ist ganz anschaulich. Wenn ich eine Spur lesen kann, und ihr nachfolge, dann finde ich den, zu dem sie führt. Vielleicht kann darüber der ein oder andere auch wieder neu Zugang hierzu bekommen, die Schöpfung ist wirklich eine Spur dorthin, eine Hilfe.“

Dabei gehe es nicht nur um die Erhaltung der Welt aus egoistischen Motiven, damit wir uns nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen, "sondern es geht um mehr", sagt Bruder Thomas:

„Es geht um unseren Ursprung, es geht um unser Ziel. Und wenn ich das Ziel vor Augen sehe, nämlich dass Gott selber die Vollendung dieser Schöpfung ist und sein wird, und dass wir einem Ziel entgegen gehen, dann bekommt auch mein Lebensweg einen Sinn und dann kann ich diesen Weg auch vielleicht leichter gehen, auch wenn er nicht immer ganz einfach ist, er hat einen Sinn, weil er ein Ziel hat.“

Neben dem Schöpfungsgedanken gibt es einen zweiten Akzent in der Enzyklika, den schon der Heilige Franz vorgelebt hat: Es geht darum, Frieden zu stiften. Denn Verantwortung für die Schöpfung zu übernehmen ist eine Voraussetzung für Frieden, sagt Bruder Thomas:

„Frieden entsteht im christlichen Sinne dort, nicht nur wo Waffenstillstand ist, sondert dort, wo Menschen einander als Schwestern und Brüder erkennen, das heißt, wie haben den gemeinsamen Ursprung. Da sind wir wieder beim Begriff der Ökologie. Wir sind in dem gemeinsamen Haus und haben den einen Ursprung und das soll uns anregen, Frieden zu stiften und die Schöpfung zu bewahren.“

Um das zu erreichen, sei die Grundhaltung des einzelnen Menschen maßgebend, sagt Bruder Thomas. Zuwendung zur Schöpfung sei immer eine Zuwendung zur Erde; - auch zu den eigenen Wurzeln.

(rv 07.08.2015 ms)








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