2015-08-02 09:54:00

Jordanien: Syrien-Flüchtlingen droht neue humanitäre Katastrophe


Den syrischen Flüchtlingen in Jordanien droht eine neue humanitäre Katastrophe, nachdem das „World Food Programme“ (WFP) der Vereinten Nationen angekündigt hat, ab 1. August für den Großteil der Flüchtlinge keine Nahrungsmittelhilfe mehr leisten zu können. Gerade deshalb sei Hilfe jetzt umso notwendiger, so Caritas-Österreich-Auslandshilfechef Christoph Schweifer im „Kathpress“-Gespräch. Schweifer besuchte dieser Tage Jordanien, um sich vor Ort einen Überblick über die Situation der Flüchtlinge und die Hilfsprojekte der Caritas zu machen.

Bisher wurden in Jordanien rund 630.000 Syrer offiziell als Flüchtlinge registriert, die Dunkelziffer liegt freilich viel höher. Schätzungen reichen bis zu 1,5 Millionen Syrer im Land. Das kleine Jordanien ist damit am Ende seiner Kapazitäten angelangt. Die Infrastruktur ist am Zusammenbrechen, der Arbeitsmarkt ruiniert, das Sozialsystem bröckelt gewaltig. War bis vor kurzem die medizinische Versorgung für Flüchtlinge in staatlichen jordanischen Einrichtungen noch weitgehend gratis, müssen sie nun auch für diese Kosten selbst aufkommen. Der Grund: Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte bisher diese medizinische Versorgung subventioniert, musste dies aber aus Geldmangel aufgeben.

Für Schweifer ist das „ein Skandal und ein klares Versagen der internationalen Gemeinschaft“. Ohne die Hilfe von NGOs wie der Caritas könnten viele syrische Flüchtlingsfamilien nicht überleben.

Wer sich die Schicksale der syrischen Flüchtlinge anhört und selbst erlebt, unter welchen schlimmen Zuständen sie leben müssen, der verstehe, dass niemand aus Jux und Tollerei versucht, nach Europa zu kommen. Schweifer: „Die Menschen flüchten aus purer Verzweiflung und wir können nicht so tun, als ob uns dieser Krieg in Syrien und seine Auswirkungen auf die Nachbarländer nichts angeht.“

Die Caritas versorgt in Jordanien Flüchtlingsfamilien mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Hygienepaketen sowie Matratzen, Decken und Küchenutensilien. Familien, die dringend medizinische Hilfe benötigen, werden mit Medikamenten unterstützt.

„Kindern wird Zukunft geraubt“

Mehr als die Hälfte aller syrischen Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche. Nur rund die Hälfte von ihnen kann eine Schule besuchen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kinderarbeit, die Angst diskriminiert zu werden, überfüllte jordanische Schulen; zudem haben viele syrische Kinder durch die Flucht den Anschluss an den für ihr Alter vorgesehenen Lehrplan verloren.

Auch jene Kinder, die in öffentliche Schulen in Jordanien eingeschrieben werden, laufen Gefahr rasch wieder aus dem Schulsystem zu fallen, da es für sie äußerst schwer ist, mit den gleichaltrigen jordanischen Kindern mitzuhalten, sie gemobbt werden oder aber ihren Beitrag zum Familieneinkommen leisten müssen. Auf Grund dieser Umstände, gepaart mit den traumatischen Erfahrungen der Flucht, fallen 25 Prozent der syrischen Flüchtlingskinder aus dem offiziellen Schulsystem in Jordanien, bevor sie auch nur ein Schuljahr vollständig abschließen konnten. „Diese Kinder erleben nicht nur eine bedrückende Gegenwart, diesen Kindern wird auch die Zukunft geraubt“, so Schweifer.

Caritas hilft

Von Mitte Mai bis Ende August gibt die Caritas Österreich gemeinsam mit der Caritas Jordanien in der Stadt Zarqa 1.575 syrischen Flüchtlingskindern deshalb die Möglichkeit, während der Sommermonate in die Schule zu gehen. Rund die Hälfte davon soll in vier Fächern (Mathematik, Arabisch, Englisch, Naturwissenschaft) in eigenen Aufholklassen ihr Wissen erweitern, um danach in das formelle Bildungssystem einzusteigen. Andere wiederum gehen überhaupt das erste Mal zur Schule. Für die Schüler gibt es zudem eine eigene psychologische Betreuung. Tausende weitere Flüchtlingskinder profitieren auch während der Schulzeit von Caritas-Bildungsmaßnahmen.

Die Caritas möchte mit den Erlösen der heurigen Augustsammlung vor allem auch den Kindern bessere Bildungschancen ermöglichen. Schweifer: „Mit 30 Euro unterstützen Sie ein syrisches Flüchtlingskind für einen Monat mit Lebensmittel, Hygieneartikel und Kleidung, mit 50 Euro kommt auch noch der Schulbesuch dazu.“

(kap 02.08.2015 mg)








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