2015-07-03 10:30:00

Südamerika-Reise: „Menschen der Peripherie im Fokus“


Franziskus besucht ab kommenden Sonntag drei Länder Südamerikas: Ecuador, Bolivien und Paraguay sind die Stationen der neunten internationalen apostolischen Reise des argentinischen Papstes vom 5.-13. Juli. Über die Besonderheiten dieser bisher umfangreichsten Reise des Papstes sprach Radio Vatikan mit dem aus Uruguay stammenden Sekretär der Päpstlichen Lateinamerikakommission, Guzman Carriquiri, der Franziskus begleiten wird.

„Wie der Papst (bei seinen Reisen) in Europa nicht in Spanien, Frankreich oder Deutschland, sondern in Albanien und Bosnien hat beginnen wollen, so wird er auch nicht zuerst die ,großen‘ Länder Lateinamerikas besuchen, sondern drei Länder, die ich als ,aufstrebende Länder der Peripherie‘ bezeichnen würde. Dort herrschen heute ganz andere Bedingungen als beim Besuch von Papst Johannes Paul II. vor 30 Jahren. Zwölf Jahre lang haben diese Länder ein großes Wirtschaftswachstum erlebt. Selbst heute, im Kontext der international eigentlich ungünstigen Bedingungen, wächst ihre Wirtschaft um fünf Prozent pro Jahr. Das Wirtschaftswachstum hat diese Länder also aus einer gewissen Immobilität befreit.“

Trotz dieser „historischen“, positiven Entwicklung, die vielen Menschen in Ecuador, Bolivien und Paraguay ein besseres Leben verschafft, gebe es freilich nach wie vor große Probleme, ergänzt Carriquiri. Ausdrücklich nennt der Vizepräsident der Päpstlichen Lateinamerikakommission die Armut und soziale Ungleichheit, die vor allem die indigenen und bäuerlichen Bevölkerungsanteile trifft, und – in politischer Hinsicht – vereinzelte „Rückfälle in den Autoritarismus“. Auch im Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung klafft in diesen Ländern nach wie vor die Schere zwischen Arm und Reich – Missstände, auf die die Kirche in diesen Ländern immer wieder hinweist.

Kirche setzt Aparecidas Erbe um

Mit Blick auf die Identität der Kirche spricht Carriquiri von einer Entwicklung: Franziskus werde bei seinem Besuch wohl auf ein ganz anderes Umfeld treffen als sein Vor-Vorgänger Johannes Paul II.:

„Damals gab es große Spannungen, viele Polarisierungen, man befand sich in lebhafter Debatte über die  Theologie der Befreiung. Heute wird Franziskus eine unbeschwertere Kirche vorfinden, eine Kirche, die ihre Mission nach (dem historischen Bischofstreffen von) Aparecida lebt und die sich auf die Vorschläge des Papstes aus seiner Apostolischen Exhortation Evangelii gaudium stützt.“

Franziskus besucht „Menschen am Rand“

Jorge Mario Bergoglio hatte als damaliger Kardinal selbst entscheidend am Dokument von Aparecida mitgewirkt, das bis heute eine Art Kompass für die Kirche des Subkontinents darstellt: Von Gefängnisseelsorge, katholischen Schulen, Menschenwürde und Medien war darin ebenso die Rede wie von den Rechten der Indigenen Völker, der Rolle der Laien in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und ökologischen Fragen. So wird darin etwa nachdrücklich zum Schutz der „grünen Lunge“ des Kontinentes, des Amazonas-Gebietes, aufgerufen. Auch bei seiner Rückkehr nach Lateinamerika als Papst werde Jorge Mario Bergoglio auf die größten Probleme dieser Region zeigen, zeigt sich Carriquiri überzeugt:

„Der Papst widmet den Ärmsten und denjenigen, die am meisten leiden, immer ein besonderes Treffen. So wird er (in genau einer Woche in Bolivien) das Gefängnis Santa Cruz de la Sierra besuchen, von dem es heißt, es sei eines der gewalttätigsten Lateinamerikas. Auch wird er (nächste Woche Samstag in Paraguay) das Kinderkrankenhaus ,Niños de Acosta Ñú‘ bei Asuncíon besuchen und dort Kranke und Menschen mit Behinderung treffen. Der Name der Einrichtung erinnert an den Tripel-Allianz-Krieg, der in Paraguay fast einen Genozid auslöste.“

Der auch als „Großer Krieg“ (1864-1870) bezeichnete Kampf Paraguays gegen die damals mit dem Land Verbündeten Staaten Argentinien, Brasilien und Uruguay endete mit einer Niederlage Paraguays und gilt als der blutigste Konflikt in der lateinamerikanischen Geschichte.

(rv 03.07.2015 pr)








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