2015-06-29 11:36:00

Papst: Für eine Kirche, die „auf den Beinen“ ist


 

Hochfest Petrus und Paulus: Am Tag der beiden römischen Stadtpatrone feiert der Papst immer eine große Messe in St. Peter. Dabei überreicht er neuernannten Erzbischöfen aus aller Welt das Pallium, ein wollenes Schulterband, das ihre Verbindung zum römischen Bischof ausdrückt. An diesem Montag waren unter den 46 Erzbischöfen in St. Peter auch drei Deutsche: der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sowie der Berliner Erzbischof Heiner Koch. Für Woelki war es schon die zweite Pallienverleihung, das erste Mal hatte er es als Erzbischof von Berlin erhalten.

Seine Predigt startete Papst Franziskus mit einer Art Paukenschlag: Er bezog sich auf die harte Bedrängnis der Jerusalemer Urgemeinde, auf ihre Verfolgung durch Herodes, auf Festnahmen und Hinrichtungen. Dann sagte er: „Doch ich möchte nicht auf die schrecklichen, unmenschlichen und unerklärlichen Verfolgungen eingehen, die es leider noch heute in vielen Teilen der Welt gibt, oft unter den Augen und dem Schweigen aller.“ Damit hatte der Papst en passant eben doch den Terror gegen Christen im ‚Islamischen Staat’ und anderswo angesprochen.

In erster Linie ging es Franziskus allerdings um drei Eigenschaften der Urgemeinde: ihr ständiges Beten, ihren Glauben und ihr Zeugnis. „Die Gemeinde war eine betende Kirche: ‚Petrus wurde also im Gefängnis bewacht. Die Gemeinde aber betete inständig für ihn zu Gott’ (Apg 12,5). Und wenn wir an Rom denken: Die Katakomben waren nicht Zufluchtsorte, um den Verfolgungen zu entkommen, sondern sie waren vor allem Stätten des Gebetes, um den Sonntag zu heiligen und aus dem Schoß der Erde eine Anbetung aufsteigen zu lassen zu Gott, der seine Kinder niemals vergisst.“ Diese Gemeinde von Petrus und Paulus lehre uns heutige Christen, dass eine betende Kirche eine starke Kirche sei – eine Kirche, die „auf den Beinen“ sei und in Bewegung, so Papst Franziskus.

Ein betender Christ sei nicht allein: So wie Petrus durch einen Engel aus dem Gefängnis befreit worden sei, gehe es auch heute. „Denken wir daran, wie oft der Herr unser Gebet erhört und uns einen Engel gesandt hat? Jenen Engel, der unerwartet auf uns zu kommt, um uns aus schwierigen Situationen herauszuziehen? Um uns der Hand des Todes und des Bösen zu entreißen; um uns den verlorenen Weg zu zeigen; um in uns die Flamme der Hoffnung neu zu entzünden; um uns zu liebkosen; um unser gebrochenes Herz zu trösten; um uns aus dem Schlummer unseres Daseins aufzuwecken; oder einfach um uns zu sagen: „Du bist nicht allein.“ Wie viele Engel schickt er uns über den Weg! Wir aber, in einem Anfall von Angst oder Unglauben oder auch von Euphorie, lassen sie vor der Türe stehen...“ Keine christliche Gemeinde könne „vorankommen ohne die Unterstützung des beharrlichen Gebetes“, so der Papst.

Eindringlich würdigte er dann den Glauben der ersten Christen. „Wie viele Kräfte haben im Laufe der Geschichte versucht – und versuchen immer noch –, die Kirche zu vernichten, sowohl von außen als auch von innen her, doch sie alle werden vernichtet, und die Kirche bleibt lebendig und fruchtbar! Sie bleibt unerklärlich stark, damit sie – wie der heilige Paulus sagt – dem Herrn zujubeln kann: ‚Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit’ (2 Tim 4,18). Alles vergeht, Gott allein bleibt. In der Tat: Reiche, Völker, Nationen, Ideologien und Mächte sind vergangen, doch die auf Christus gegründete Kirche bleibt trotz der vielen Stürme und unserer zahlreichen Sünden im Dienst dem Glaubensgut treu, denn die Kirche gehört nicht den Päpsten, Bischöfen und Priestern und auch nicht den gläubigen Laien; sie gehört allein Christus.“

Dritter Punkt: das Zeugnis. Petrus und Paulus hätten auch mit dem Martyrium auf das Reich Gottes hingewiesen. „Eine Kirche oder ein Christ ohne Zeugnis ist unfruchtbar – ein Toter, der sich lebendig wähnt, ein verdorrter Baum, der keine Frucht bringt, ein ausgetrockneter Brunnen, der kein Wasser hat! Die Kirche hat das Böse besiegt dank dem mutigen, konkreten und demütigen Zeugnis ihrer Kinder.“ Das Pallium sei für die neuen Erzbischöfe ein „Aufruf zum Gebet, zum Glauben und zum Zeugnis“. „Die Kirche möchte, dass Ihr glaubende Männer seid; Meister des Glaubens, welche die Gläubigen lehren, keine Angst vor den vielen Herodes zu haben, die mit Verfolgungen und Kreuzen aller Art quälen. Kein Herodes ist imstande, das Licht der Hoffnung, des Glaubens und der Liebe dessen auszulöschen, der an Christus glaubt!“

Womit Franziskus wieder bei dem Thema war, von dem er an diesem Montag eigentlich nicht sprechen wollte: den vielen Verfolgungen von Christen in unserer heutigen Welt.

Wie üblich nahm am Peter-und-Paul-Fest auch eine Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel teil. Darum würdigte der Papst in seiner Predigt auch Zeugen Christi aus allen Teilen der Ökumene: „Zeugen, die, obwohl sie verschiedenen christlichen Konfessionen angehörten, dazu beigetragen haben, den einen Leib Christi zum Ausdruck zu bringen und wachsen zu lassen“. Zeugnis geben sei „ganz einfach“, urteilte Franziskus: Man solle einfach „mit dem Verhalten und dem Leben nicht dem widersprechen, was man mit dem Wort verkündet und was man die anderen lehrt“.

Das Pallium, ein mit sechs schwarzen Kreuzen bestickter Schulterumhang aus Lammwolle, ist das Amtsabzeichen jener Erzbischöfe, die zugleich einer Kirchenprovinz aus mehreren Bistümern vorstehen, den Metropolitan-Erzbischöfen. Erstmals nahm Papst Franziskus die eigentliche Umlegung der Pallien am Montag nicht selbst vor. Nach einem veränderten Zeremoniell übernehmen dies zu einem späteren Zeitpunkt die päpstlichen Botschafter in den betreffenden Bistümern.

(rv 29.06.2015 sk)








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