Am Montag bekommen drei deutsche Erzbischöfe in Rom ihr Pallium überreicht. Einer von ihnen ist der neue Erzbischof von Hamburg Stefan Heße. Für ihn ist das Pallium gerade in der Diaspora wichtig, um die Gemeinschaft mit Rom und dem Papst zu unterstreichen, sagte uns der Erzbischof, der am Samstag auch einen Abstecher zu Radio Vatikan machte. Aber der entscheidende Schritt war für ihn eher die Bischofsweihe als solche in Hamburg. Am Montag trifft Heße Papst Franziskus zum ersten Mal. Noch schläft der Erzbischof gut, wie er zugibt.
Erzbischof Heße: Also, ich habe diese Nacht gut geschlafen und ich hoffe, die nächste und übernächste auch gut schlafen zu können. Ich bin gespannt, die Überreichung des Palliums geschieht innerhalb einer Messe zu Peter und Paul. Der Papst ist ja auch bekannt für so manche Überraschung und Spontanität, aber Messe ist Messe, und daher gehe ich nicht davon aus, dass es zu überschwänglichen Begegnungen kommt. Vielleicht kann ich ihm das eine oder andere bei der Gelegenheit sagen und auf jeden Fall Grüße aus Hamburg bestellen, wo Bergoglio einmal ein Kind getauft hat. Er ist also schon einmal in Hamburg gewesen und hat es hoffentlich in bester Erinnerung.
RV: Was würden Sie ihm sagen, wenn Sie die Gelegenheit bekommen?
Heße: Ich würde ihm sagen, dass er uns in der Diaspora sehr wichtig
ist. Eine Diasporakirche, gerade so eine kleine, tut immer gut daran, in Kontakt mit
Rom zu sein. Von daher sind wir dankbar für seinen Dienst und dass er uns gute Impulse
gibt. Die Leute in Hamburg sind, wie ich das wahrnehme, sehr aufgeschlossen für das,
was Papst Franziskus von sich gibt. Das war schon mit ‚Evangelium Gaudi’ so, so ist
es jetzt auch mit ‚Laudato si’ gewesen und das ist durch die Zeichen so, die der Papst
setzt. Da hilft er uns eigentlich, dass auch wir als Hamburger Katholiken genau diese
Spur fortsetzen und solche Zeichen in die säkulare plurale Gesellschaft hin senden.
RV: Was bedeutet es für Sie, dass Sie das Pallium am Montag nur
überreicht bekommen, aber dafür in Hamburg im November dann auferlegt bekommen?
Heße: Ich bin ja erst vor etwas mehr als drei Monaten zum Bischof
geweiht worden, und das ist eigentlich für mich der entscheidende Punkt gewesen; und
ich glaube auch für die Menschen im Erzbistum Hamburg, sie haben auf ihren neuen Bischof
gewartet und nehmen mich freundlich auf. Das war die erste Bischofsweihe überhaupt
im Hamburger Mariendom, alle bisherigen Bischöfe waren bereits vorher Bischöfe gewesen.
Ich bin dort geweiht worden, und man gab sich alle Mühe, das zu feiern. Von daher
habe ich gesagt, hängen wir das mit dem Pallium jetzt ein bisschen runter. Das Pallium
ist ein Zeichen, das in der Liturgie eingesetzt wird. Deswegen wird die Auferlegung
in Hamburg durch den Nuntius in einer Messfeier geschehen, das werden wir am 1. November
begehen. Dazu laden wir dann alle Messdiener aus dem Erzbistum Hamburg ein und werden
einen Ministrantentag veranstalten, denn die jungen Leute sind so nah an der Liturgie.
Daher dachte ich mir, das wollen wir mit denen feiern; und für mich ist das auch die
Chance, mit den jungen Leuten in Kontakt zu sein und durch das Pallium auch die Gemeinschaft
mit Rom und dem Papst zu unterstreichen.
RV: Was sind die neuen Herausforderungen in Hamburg im Vergleich
zu Köln?
Heße: Zunächst ist es die Weite. Das Erzbistum Köln ist flächenmäßig
klein. Hamburg ist das größte Flächenbistum in Deutschland. Damit habe ich Wege zu
überbrücken, von denen ich in Köln gar nicht zu träumen wagte. In Köln war man von
Köln aus in etwa einer Stunde in jeder Ecke des Bistums. Hier in Hamburg brauche ich
bis zur äußersten Pfarrei in Mecklenburg über drei Stunden mit dem Auto. Das heißt,
ich bin oft am Wochenende in den Gemeinden unterwegs und übernachte beim Pfarrer im
Pfarrhaus, um einfach die Wege zu sparen. Also Weite ist etwas, was ich neu lernen
muss, und dann natürlich Diaspora. In der Weite sind wenige Katholiken, und die Diasporakirche
ist eine sehr junge Kirche. Wir haben keine alten Kirchen - die sind heute alle evangelisch.
Die jungen Kirchen sind alle im letzten Jahrhundert, zum Teil nach dem Krieg entstanden
und meistens versteckt. Mir liegt daran, darauf Acht zu geben, dass wir Katholiken
da oben im Norden uns überhaupt nicht verstecken brauchen, sondern dass wir hinaus
gehen in die Gesellschaft. Wie Papst Franziskus das immer wieder sagt, an die Ränder,
hinein in die Gesellschaft. Und Ränder heißt jetzt nicht nur sozialer Brennpunkt,
sondern Rand heißt auch, da hinzugehen, wo Menschen sind, die Probleme und Nöte haben.
RV: Sie sind nun knapp 100 Tage in Hamburg. Haben Sie sich als
„kölscher Jung“ im Norden schon ein wenig eingelebt?
Heße: Ich werde wahrscheinlich immer der kölsche Jung bleiben, wenn
man da geboren ist, dann ist das halt so, aber ich fühle mich schon recht wohl oben
im Norden! Ich bin jetzt in den 100 Tagen einmal zur Goldhochzeit meiner Eltern in
Köln gewesen und einmal zum Treffen mit meinem Weihekurs, das haben wir immer zu unserem
Weihetag, noch nicht öfter. Ich habe mir das bewusst so auferlegt, um in Hamburg Wurzeln
zu schlagen und nicht immer auf zwei Hochzeiten zu tanzen. Ich fühle mich jedenfalls
wohl und ich freue mich, dass jetzt die schöne Jahreszeit kommt. Wenn ich da im Winter
angefangen hätte, wäre es wahrscheinlich anders gewesen. Aber ich kann mich über die
ersten 100 Tage überhaupt nicht beklagen.
(rv 27.06.2015 pdy)
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