2015-06-21 12:23:00

Papstmesse in Turin: Fremde „aufnehmen, nicht ausschließen"


Lasst euch nicht von Zukunftsangst lähmen und sucht keine Sicherheit in Gesellschaftsformen, die Fremde ausschließen statt sie aufzunehmen: Darum hat Papst Franziskus an diesem Sonntag die Gläubigen des Piemont gebeten. Bei der Sonntagsmesse in Turin ermutigte er dazu, die treue und unerschütterliche Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen nicht nur wahrzunehmen, sondern auch weiterzutragen.

„Jesus wird niemals müde, uns gern zu haben, uns zu ertragen, uns zu vergeben“, sagte der Papst bei strahlendem Juniwetter auf der Piazza Vittorio Veneto, dem Wohnzimmer Turins, vor Zehntausenden Menschen. Auch wenn wir selbst untreu werden – „Jesus bleibt treu, auch wenn wir Fehler machen, und er erwartet uns, um uns zu vergeben: Er ist das Antlitz des barmherzigen Vaters.“

Zweitens: „Die Liebe Gottes macht alles neu.“ Anders als der Geist der Welt, der „immer auf der Suche nach Neuigkeiten ist“, sei nur „die Treue Jesu zu wirklicher Neuheit imstande, dazu, aus uns neue Menschen zu machen.“ So ein echter Wandel komme dann zustande, „wenn wir uns unsere Grenzen und Schwächen eingestehen“. Dann erfahre man, dass Jesus nicht für die Gesunden und die Gerechten, sondern für die Kranken und die Sünder auf die Welt gekommen sei. „Das Zeichen, dass wir von der Liebe Gottes verwandelt worden sind, ist, dass wir die fadenscheinigen alten Kleider des Grolls und der Feindschaft ablegen können, um das saubere Gewand der Milde anzulegen, des Wohlwollens, des Dienstes an den anderen, des Friedens im Herzen.“

Ein drittes Merkmal der Liebe Gottes ist ihre Festigkeit, führte Franziskus aus. Umgekehrt sei das nicht immer der Fall: „Wir können uns fragen, ob wir heute fest stehen auf diesem Felsen, der die Liebe Gottes ist. Auch wir Christen laufen Gefahr, uns von der Zukunftsangst lähmen zu lassen und Sicherheiten zu suchen in Dingen, die vorübergehen, oder im Modell einer geschlossenen Gesellschaft, die eher aus- statt einschließt.“

Franziskus bezog sich damit offensichtlich auf die zunehmend fremdenfeindlichen Tendenzen in der Regionalpolitik Norditaliens. Ausdrücklich warb der Papst um Verständnis für die Nöte von Migranten, indem er auf die Geschichte der Auswanderung aus dem Piemont verwies, die auch seiner eigenen Familie eingeschrieben ist. Zum Stichwort „Festigkeit“ zitierte Franziskus in seiner Predigt ein Poem des Turiner Dichters Nino Costa, der im piemonteser Dialekt den Auswanderern ein sprachliches Denkmal setzte: „Geradeheraus und aufrecht, treten sie auf wie sie sind… Leute, die keine Zeit noch Schweiß sparen – unser Menschenschlag, frei und stur…“ An dieser Stelle  zog der Papst eine Parallele zu den Turiner Sozialheiligen, die im 19. Jahrhundert vorlebten, was das Evangelium zum Umgang mit den Armen und Ausgeschlossenen sagte. „Freie und dickköpfige Heilige“ seien das gewesen, unterstrich der Papst und lud dazu ein, auf den Spuren dieser Zeugen Barmherzigkeit zu üben.

(rv 21.06.2015 gs)








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