2015-06-19 12:54:00

Breit gefächerte Reaktionen auf Öko-Enzyklika


Die Reaktionen auf Papst Franziskus' Enzyklika Laudato Si´ sind breit gefächert, auch Widerspruch ist zu hören - doch eine positive Aufnahme des Textes überwiegt. Die französische Zeitung Le Monde hat den Inhalt der Enzyklika schon Tage vor ihrer Veröffentlichung referiert, gestützt auf den Entwurf des Textes, den die italienische Zeitschrift Espresso geleakt hatte. Nach der offiziellen Publikation von „Laudato si´“ betont Le Monde nun in einer Schlagzeile, der Text „ärgere die Klimaskeptiker“, und zwar „noch bevor sie den Text überhaupt gelesen“ hätten. Vor allem in den USA werde mit Sorge registriert, dass Franziskus wohl auch bei seinem Auftritt vor dem Kongress und vor der UNO Ende September auf das Thema Klimawandel eingehen werde. Fünf der republikanischen Präsidentschaftskandidaten seien Katholiken – und allesamt seien sie Klimaskeptiker, wollten also keine weitgehenden Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und seiner Folgen.

In Frankreich selbst hingegen kann Le Monde nur positive Reaktionen auf „Laudato Si´“ entdecken. Die Pariser Gastgeber des nächsten großen Klimagipfels könnten die Rückendeckung durch den Papst gut gebrauchen.

Die auflagenstärkste spanische Zeitung El País betont, Franziskus dränge die Politiker „ein weiteres Mal“ dazu, sich von den Machtspielen der Wirtschaft zu befreien und im Sinne der Menschen und der Mutter Erde zu handeln und zu regieren. Seine Frage komme einem Aufruf zu einer Revolution gleich: „Wozu will man heute Macht haben, wenn diese lediglich an die Unfähigkeit erinnert, einzugreifen, wenn es notwendig wäre?“ Mit Zitaten aus der Enzyklika schildert der Artikel den Stil des Werks und schreibt von harter Kritik in einer aktuellen Sprache, die auch dem Stand der Wissenschaft entspreche. Insgesamt wirkt die Enzyklika auf El País wie eine Komposition aus „Schrei und Gesang“ für eine bessere Welt.

„Ehrgeizig und umfassend“

„Ehrgeizig und umfassend“ nennt ein aktueller Artikel der New York Times das Werk „Laudato Si“. Franziskus beschreibe in dem Text „die unerbittliche Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt“ und mache vor allem „die rücksichtslose Profitgier und das exzessive Vertrauen in Technologie sowie politische Kurzsichtigkeit“ dafür verantwortlich. Die Opfer seien die Armen, die „nicht berücksichtigt“ werden. Ein anderer Artikel der New York Times sieht Papst Franziskus mit der Veröffentlichung des Werks in den „Fußspuren der Päpste“. Auch nach Veröffentlichung von Papst Leo XIII.’ bahnbrechender Sozialenzyklika „Rerum Novarum“ 1891 habe es Kritik gehagelt, das sei 124 Jahre später bei einem ähnlich weitsichtigen Text nicht anders, schreibt das Blatt. Wieder seien Industrielle, Politiker und Kritiker aufgesprungen und hätten „Foul geschrien“, denn der Papst solle sich nicht um die Bedrohung des Klimawandels kümmern, sondern um seine „religiösen Angelegenheiten“.

Zwar klage etwa der prominente US-Konservative Richard Viguerie den Papst an und behaupte, dass diese Enzyklika seine religiöse Moralfunktion in Frage stelle. Doch reihe sich der Papst in Wirklichkeit in eine lange Tradition von Päpsten und Bischöfen ein, die soziale Probleme mit Hilfe von religiösen Schriften angingen, so die NYT.

Die Washington Post urteilt, dass der Aufruf des Papstes gegen den Klimawandel bereits fester Bestandteil der politischen Debatte der USA geworden sei. Katholische Politiker stünden nun „vor einer Gratwanderung“, denn die US-Bevölkerung sei eher auf Franziskus' Linie. 68 Prozent sagten in einer Umfrage des Pew Research Center, es gebe Beweise für den Klimawandel. Unter Republikanern waren es 45 Prozent, bei Demokraten 86 Prozent. Von allen US-Bürgern, die Beweise für den Klimawandel sehen, führen allerdings nur 45 Prozent diese Entwicklung – zumindest teilweise – auf menschliche Einflüsse zurück.

Obama und Ban loben Enzyklika

US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon haben die Enzyklika ausdrücklich gelobt; kein Wort der Zustimmung gab es hingegen aus dem Mund des katholischen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Jeb Bush. Obama sagte laut Mitteilung seines Sekretariats, das römisch-katholische Kirchenoberhaupt habe sehr eloquent ausgedrückt, dass „wir eine tiefgreifende Verantwortung haben, unsere Kinder vor den schädlichen Wirkungen des Klimawandels zu beschützen - und die Kinder unserer Kinder“. Die USA müssten mutig handeln, um den Ausstoß umweltschädlicher Treibhausgase zu reduzieren und die Nutzung sauberer Energien auszuweiten. Auch die Armen müssten besser vor den Gefahren des Klimawandels geschützt werden, sagte Obama, der den Papst am 23. September im Weißen Haus empfangen wird.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon sagte, er begrüße die neue Enzyklika. Die Menschheit habe die Pflicht, sich um den Planeten Erde zu kümmern und Solidarität mit den ärmsten und verletzbarsten Mitgliedern der Gesellschaft zu zeigen, die unter dem Klimawandel litten. Ban rief alle Regierungen der Welt auf, das Wohl der Erde über nationale Interessen zu stellen und beim Klimagipfel in Paris in diesem Jahr ein ehrgeiziges Abkommen zu verabschieden.

Schon bei einem hochkarätig besetzten „Klima-Gipfel” vor zwei Monaten im Vatikan hatte Ban betont, der Klimawandel sei das „bestimmende Thema unserer Zeit“. Die Erderwärmung wirke sich weltweit auf Gesundheit und Wohlstand, Nahrungs- und Trinkwassersicherheit, Migration, Frieden und Sicherheit aus. Vor allem die Ärmsten litten unter den Folgen des klimatischen Wandels, obwohl sie ihn selbst nicht verursacht hätten, so Ban. Die Staatengemeinschaft könne auf die Herausforderungen nur gemeinsam reagieren. Dabei sei sie auf die großen Religionen und die Wissenschaft als Verbündete angewiesen.

(rv/kap/varie 19.06.2015 no/sk)                     








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