2015-06-09 10:23:00

Europarat: Religionen gehören in die politische Debatte


Religion spielt im Dialog der Kulturen und Gesellschaften eine fundamentale Rolle: Genau zu diesem Thema gab es am Montag beim Europarat eine Anhörung. Teilnehmer an der Debatte am Sitz des Beobachters des Heiligen Stuhls in Straßburg waren unter anderem der Außenminister des Vatikans, Erzbischof Paul R. Gallagher, und der Beauftragte der UNO für die Freiheit der Religion und des Glaubens, der deutsche Professor Heiner Bielefeld. Leiterin der Debatte war die Vizegeneralsekretärin des Europarates, Gabriela Battaini-Dragoni. Im Gespräch mit Radio Vatikan beschreibt sie, wie Religion Werte inspiriert und so Verantwortung füreinander wachsen lasse. „Religion dürfen wir bei unseren politischen Debatten nicht außen vor lassen“, so Battaini-Dragoni. Seit nun sieben Jahren reflektiere der Europarat intensiv über die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft Europas, man spreche mit Vertretern der Religionen und mit Agnostikern, es geht um die Grundrechte von Religion, Religionsausübung, Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit.

Vor allem geht es dem Europarat um die Stabilität der Gesellschaft. Hier sehe man gute Beiträge der Religionen, so die Europarat-Vizegeneralsekretärin: „Es ist zum Beispiel sehr interessant zu sehen, wie der Heilige Stuhl im Augenblick das Thema der Radikalisierung angeht und darüber spricht, wie man dem begegnen kann, weil es noch zu viel schlimmeren Entwicklungen führen kann, zu Terrorismus und Gewalt. Der Heilige Stuhl spricht auch, wenn ich es so ausdrücken darf, über Religionsvertreter als soziale Mediatoren, die dabei helfen sollen, die Gesellschaft insgesamt und auch Einzelne zu ent-radikalisieren, wenn sie Gefahr laufen, gefährlich zu werden.“

Ziel sei eine einschließende, inklusive Gesellschaft, betont die Politikerin. „Wie kommen wir dahin, wenn wir nicht dieselben Werte teilen? Hier sind Religions-, Meinungs-, Gewissens-, und Versammlungsfreiheit grundlegend, denn hier verstehen wir, was es heißt, zu respektieren – jenseits der eigenen Überzeugungen.“ Friedliches Zusammenleben schaffe man nur, wenn die Spielregeln klar seien, so Battaini-Dragoni. Dazu gehörten auf jeden Fall die Freiheiten.

Erzbischof Gallagher: Ja zu positiver Laizität

Eine inklusive Gesellschaft aufbauen – das ist das gemeinsame Ziel, bekräftigte auch Kurien-Erzbischof Paul Gallagher. Und der neue „Außenminister“ des Vatikans erklärte auch, wie man das macht: „Ich glaube, die Religionsfreiheit muss als grundlegendes Recht die Basis bilden. Dazu können wir einen Raum des Dialogs schaffen, und dann haben wir auch die nötigen Voraussetzungen für inklusive Gesellschaften.“

Hört sich schön an – klingt nur irgendwie illusorisch in Zeiten von Isis und Boko Haram. Wie hält man denn Extremisten von der inklusiven Gesellschaft fern, Erzbischof Gallagher? „Ich glaube, einerseits durch Aufmerksamkeit für die Sorgen und Schwierigkeiten in unseren Gesellschaften. Und dann auf religiösem Level durch mehr Einsatz gegen Ignoranz und Unwissen. Es muss uns allen – Christen, Juden, Muslimen – doch darum gehen, dass unsere jeweilige Religion authentisch interpretiert wird.“

Gefahr für die Religionsfreiheit geht allerdings nicht nur von Extremisten mit langen Bärten und Turbanen aus: Es gibt auch, wie der Papst formuliert, Extremisten „mit weißen Handschuhen“, die versuchen, im Namen der Laizität das Religiöse aus dem gesellschaftlichen Leben zu verbannen – gerade im Frankreich der „laicité“, und gerade unter dem sozialistischen Präsidenten Hollande. Der vatikanische Mann fürs Äußere will allerdings glauben, dass sich da gerade schleichend etwas verbessert: „Das Risiko gibt es zwar immer. Aber die Gespräche hier haben doch gezeigt, dass auch der Vertreter der französischen Regierung sagt: Man kann eine positive Vision der Laizität des Staates und seiner Einrichtungen haben, die gleichzeitig Religionsfreiheit erlaubt. Das muss nicht etwas Negatives sein, sondern das kann auch positiv sein, ein Ort, wo die religiösen Bekenntnisse blühen und im Gespräch untereinander sind. So gesehen kann der säkulare Staat eine sehr wichtige Rolle haben.“

 

(rv 09.06.2015 ord/sk)








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