2015-06-06 11:48:00

„Ohne den Dialog der Religionen und Ethnien geht es nicht“


Ohne den Dialog der Religionen und Ethnien in Bosnien-Herzegowina kann es mit dem Land nicht aufwärts gehen. Das sagt die Botschafterin des Landes beim Heiligen Stuhl, Slavica Karačić. Katholische Kroaten, orthodoxe Serben und muslimische Bosniaken hätten seit Kriegsende gemeinsam Aufbauarbeit geleistet und Bande geknüpft, betont die Diplomatin im Interview mit Radio Vatikan: „Wir haben drei hauptsächliche Religionsgemeinschaften, die einen großen Beitrag zum Versöhnungsprozess geleistet haben, denn sie haben ihre Gläubigen dazu eingeladen, zu vergeben und zu vergessen und ihr Leben friedlich weiterzuleben. Wir wissen, dass für Papst Franziskus dieser interreligiöse Dialog sehr wichtig ist. Und auch für uns ist er wichtig, denn ohne den interreligiösen und interethnischen Dialog können wir nicht bestehen.“

Nicht nur die Katholiken, sondern Vertreter aller religiöser und ethnischer Gruppen sähen die Papstvisite als Ermutigung, zeigt sich Karačić überzeugt. Bosnien-Herzegowina habe heute noch mit vielen Problemen zu kämpfen – darunter litten alle Volksgruppen. Das Land hat etwa mit einer fragilen Wirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen: „Wir glauben, dass Papst Franziskus Bosnien-Herzegowina gewählt hat, weil es leider gut in seine Beschreibung als ein Land passt, das am sozialen und wirtschaftlichen Rande lebt. Wir glauben, dass seine Worte den Menschen Hoffnung machen können, jenseits religiöser und ethnischer Identität. Nicht-Katholiken und alle ethnische Gruppen haben die Idee, dass der Papst kommt, als wundervoll akzeptiert – wegen seiner Art des Sprechens und Handelns. Und ich sehe, dass die Menschen in Bosnien-Herzegowina seine Arbeit anerkennen und schätzen und sich freuen, ihn zu sehen, unabhängig von ethnischen Zugehörigkeit.“

Das habe auch mit Papst Franziskus‘ Charisma zu tun, fährt die Diplomatin fort. Sie habe Jorge Mario Bergoglio in seiner Zeit als Erzbischof kennengelernt, so Karačić, als sie in Buenos Aires Botschafterin war. „Das war interessant für mich zu sehen: Er kämpfte gegen so viele verschiedene Probleme in Argentinien, soziale Probleme, die Armut – er war derselbe, hatte aber weniger Energie, würde ich sagen. Vielleicht weil er sich so bemühte, aber keine unmittelbaren Resultate sah. Doch jetzt im Vatikan sehe ich, dass alles, was er sagt, aufmerksam angehört wird, jedes Wort. Und es ist klar, dass er selbst fühlt, dass er mehr Macht hat, in einem positiven Sinn. Wenn er spricht, spricht er lauter, er wird gehört.“

Karačić hofft, dass der Papstbesuch in Sarajevo ihr Land auch hinsichtlich eines möglichen EU-Beitrittes in ein positives Licht stellen kann. Insgesamt sei man hier auf einem guten Weg, denkt sie: „Wir haben immer noch einige ungelöste ethnische Fragen, aber wir konfrontieren sie mit Energie und Enthusiasmus, die internationale Gemeinschaft hilft da eine Menge, aber wir konfrontieren diese Probleme und kämpfen dagegen. Wir sind ein junges Land, wir begegnen vielen Herausforderungen, wollen Teil der Europäischen Union werden und Mitglied der NATO, müssen da noch Verfassungsänderungen vornehmen, um als EU-Mitglied auch gewollt zu werden. Wir ignorieren nicht unsere Geschichte, sondern setzen uns mit ihr auseinander.“

Voraussetzung für einen EU-Beitritt des Landes sind institutionelle Reformen auf allen Staatsebenen, die seine Struktur mit der der EU in Einklang bringen sollen. Weitere Probleme in Bosnien-Herzegowina sind die Korruption und die Trägheit des politischen Systems: Die Macht ist unter den drei wichtigsten ethnischen Gruppen verteilt – ein Erbe des Friedensabkommens, das die Jugoslawienkriege 1992-1995 beendete – was zu einer politischen Lähmung geführt hat.  

(rv 06.06.2015 pr)








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