2015-06-04 15:47:00

Papstpredigt: „Das macht uns zu lauen Christen“


Predigt von Papst Franziskus beim Fest Fronleichnam in Rom, 4. Juni 2015 bei San Giovanni in Lateran, Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan

 

Beim letzten Abendmahl schenkt Jesus seinen Leib und sein Blut in Brot und Wein, um uns ein Gedächtnis zu hinterlassen für sein Opfer, das er aus unendlicher Liebe dargebracht hat. Mit dieser „Wegzehrung“ voller Gnade haben die Jünger alles, was sie für ihren Weg durch die Geschichte brauchen, um allen das Reich Gottes zu bringen. Die Selbsthingabe Jesu, der sich freiwillig am Kreuz geopfert hat, wird für sie Licht und Stärke sein. Und dieses Brot des Lebens ist bis zu uns gelangt! Das Staunen der Kirche angesichts dieser Wirklichkeit wird niemals enden. Ein Staunen, das die Kontemplation nährt, die Anbetung, die Erinnerung. Das zeigt uns ein sehr schöner Text der heutigen Liturgie, das Responsorium der zweiten Lesung der Lesehore, wo es heißt: „Erkennt im Brot den Herrn, der am Kreuze hing, im Kelch das Blut, das aus seiner Seite strömte. Nehmt und esst den Leib Christi! Nehmt und trinkt das Blut Christi! Denn ihr seid nun Glieder Christi. Damit ihr euch nicht entzweit, esst dieses Band der Gemeinschaft; um euch nicht herabzuwürdigen, trinkt den Preis eurer Erlösung“.

Es ist eine Gefahr, sich zu entzweihen und herabzuwürdigen. Wir fragen uns: Was heißt heute, sich entzweien und sich herabwürdigen?

Wir entzweien uns, wenn wir dem Wort des Herrn nicht folgen. Wenn wir unter uns nicht die Geschwisterlichkeit leben; wenn wir darum wettstreiten, die ersten Plätze zu bekommen; wenn wir nicht den Mut haben, die Liebe zu bezeugen; wenn wir nicht in der Lage sind, Hoffnung zu schenken. Die Eucharistie ermöglicht es, uns nicht zu entzweien, weil sie das Band der Gemeinschaft ist, Erfüllung des Bundes, lebendiges Zeichen der Liebe Christi, der sich hat erniedrigen und vernichten lassen, damit wir vereint bleiben. Durch die Teilnahme an der Eucharistie und indem wir uns durch sie nähren, werden wir hineingenommen in einen Weg, der keinen Trennung zulässt. Der mitten unter uns im Zeichen von Brot und Wein gegenwärtige Herr fordert, dass die Kraft der Liebe jede Trennung überwindet und zugleich zur Gemeinschaft mit den Armen wird, Hilfe für den Schwachen, geschwisterliche Aufmerksamkeit für jene, die sich mit den Mühen des Alltags schwer tun und die in Gefahr sind, den Glauben zu leben.

Und was heißt heute das zweite Wort, „sich herabwürdigen“, also unsere christliche Würde verwässern? Es bedeutet, sich von den Götzenverehrungen unserer Zeit anstecken zu lassen: Der Schein, der Konsum, das Ich im Zentrum von allem, aber auch der Konkurrenzkampf, die Arroganz als Siegerhaltung, niemals zugeben zu können, dass man etwas falsch gemacht hat oder etwas braucht. All das würdigt uns herab, macht uns zu mittelmäßigen Christen, lau, fad, heidnisch.

Jesus hat sein Blut hingegeben als Lösegeld und um uns reinzuwaschen, damit wir gereinigt werden von allen Sünden: Damit wir uns nicht herabzuwürdigen, schauen wir zu Ihm, laben uns an seiner Quelle, um bewahrt zu werden von der Gefahr zu korrumpieren. Dann werden wir die Gnade einer Verwandlung erfahren: Wir werden immer arme Sünder bleiben, aber das Blut Christi wird uns von unseren Sünden und von der Korruption befreien. Ohne unser Verdienst, mit aufrichtiger Demut werden wir unsern Schwestern und Brüdern die Liebe unseres Herrn und Erlösers bringen können. Wir werden seine Augen sein, die Ausschau halten nach Zachäus und Magdalena; wir werden seine Hand sein, um den Kranken an Leib und Seele zu Hilfe zu kommen; wir werden sein Herz sein, das diejenigen liebt, die der Versöhnung und des Verständnisses bedürfen.

So vergegenwärtigt die Eucharistie den Bund, der uns heiligt, reinigt und in wunderbarer Gemeinschaft mit Gott vereint. Die Eucharistie ist kein Preis für die Guten, sondern eine Hilfe für die Schwachen und die Sünder. Es ist die Wegzehrung, die es uns ermöglicht, auf dem Weg zu sein, unterwegs zu sein.

Heute, am Fest Fronleichnam, haben wir die Freude, dieses Geheimnis nicht nur zu feiern, sondern es auch zu loben und zu besingen auf den Straßen unserer Stadt. Die Prozession, die wir am Ende unsere Messe machen werden, möge unsere Dankbarkeit ausdrücken für den Weg, den uns Gott hat gehen lassen durch die Wüsten unserer Armut, um uns aus der Sklaverei zu befreien und uns mit seiner Liebe zu nähren durch das Sakrament seines Leibes und seines Blutes.

Während wir nun bald den Weg gehen werden, wollen wir uns in Gemeinschaft wissen mit unsern vielen Schwestern und Brüdern, die nicht in Freiheit ihren Glauben an den Herrn Jesus ausdrücken können. Fühlen wir uns mit ihnen vereint: Singen wir mit ihnen, loben wir mit ihnen, beten wir mit ihnen an. Und verehren wir in unseren Herzen jene Schwestern und Brüder, von denen das Opfer ihres Lebens für die Treue zu Christus verlangt worden ist: Ihr Blut soll, vereint mit dem des Herrn, ein Unterpfand des Friedens und der Versöhnung sein für die ganze Welt.

Vergessen wir nicht: um nicht entzweit zu werden essen wir dieses Band der Gemeinschaft. Um uns nicht herabzuwürdigen, bleiben wir in seiner Gemeinschaft.

 

(rv 04.06.2015 mc/ord)








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