2015-06-01 10:24:00

D: „Aufgabe der Theologen ist es, zu argumentieren“


Nicht erst seit dem irischen Referendum diskutiert die katholische Kirche intensiv über Familienbilder und Sexualmoral. Der deutsche Moraltheologe Eberhard Schockenhoff sieht die große vatikanische Familiensynode im Oktober als Meilenstein in dieser Debatte, erwartet aber keine grundsätzliche Neuausrichtung. Im Gespräch mit dem Kölner Domradio argumentiert er, die katholische Kirche sei reformfähig, weil sie immer auf der Suche nach angemessenen Ausdrucksformen ihres Glaubens sei. „Aber für mich als Theologe zählen die Sachgründe für Positionen, die ich vertrete. Etwa für den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, und für einen achtsamen, anerkennenden Umgang auch mit Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften leben. Wenn das nun auch zu einer amtlichen Anerkennung durch die Synode führt, dann ist das gut. Aber wenn das nicht gelingt, dann sind die Gründe nicht entwertet. Die gelten natürlich nach wie vor! Und deshalb kann ich dem mit einer gewissen Gelassenheit entgegensehen.“

Es sei die Aufgabe der Theologie, zu argumentieren und Gründe für die vertretenen Positionen anzuführen, so Schockenhoff weiter. Er vertraue darauf, dass auch eine möglichst große Mehrheit der Bischöfe sich diesen Gründen und diesen Sichtweisen des Glaubens anschließen werde. Zu der Anerkennung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare sagt Schockenhoff: „Das ist sehr differenziert zu betrachten. Zunächst muss man einmal sagen, dass gleichgeschlechtlich empfindende Menschen das Recht haben, in ihrem Leben – und dazu gehört ja auch der Umstand, dass sie wie alle Menschen sexuelle Wesen sind – anerkannt zu werden. Das schließt natürlich auch die Form ihres Lebens ein. Die kirchliche Position - dass man sie zwar als Person nicht diskriminiert und ihnen die schuldige Achtung erweist, aber ihre sexuellen Handlungen als in sich ungeordnet ansieht - ist in sich keine überzeugende Position. Diese Position wird eben doch als latente Diskriminierung empfunden, auch, wenn das eigentlich nicht dem Anspruch der kirchlichen Lehre gerecht wird. Nur wenn die Kirche hier zu einer klaren, vorbehaltlosen Akzeptanz dieser Menschen und ihrer Lebensformen findet - dann, wenn sie auf Treue gegründet ist -, gilt ein Grundsatz, den die Moraltheologie heute so formuliert: Überall dort, wo Freundschaft, füreinander Eintreten und Verantwortlichkeit der Menschen gelebt werden, ist das moralisch achtenswert, gleichgültig, unter dem Vorzeichen welcher sexuellen Orientierung dies geschieht."

Wenn das unzweifelhaft klar sei, so Schockenhoff, dann könne man allerdings fragen, „ob die Ehe die angemessene Form dafür ist oder ob nicht die Lebenspartnerschaft ein eigenständiges Institut ist." „Wir haben das in Deutschland vor einigen Jahren geschaffen. Ich würde es für angemessen halten, zu sagen: Diese eingetragene Lebenspartnerschaft verdient Wertschätzung und sie ist das angemessene Rechtsinstitut, um den Lebensraum zu sichern, den zwei gleichgeschlechtlich empfindende Menschen suchen und in der Öffentlichkeit auch finden. Ich meine, zum Verständnis der Ehe gehört, dass sie die Lebensgemeinschaft von Frau und Mann ist, weil aus ihr Kinder hervorgehen können. Das ist ihre einzigartige Bedeutung für die Gesellschaft. Das sollte man, meine ich, nicht nivellieren. Wenn man auf dieses Eigenprofil der Ehe hinweist, diskriminiert man dadurch nicht Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft leben. Im Übrigen bezweifle ich auch, ob der Ausdruck Homo-Ehe besonders wertschätzend ist. Das halte ich eher für eine sublime Abwertung. Deshalb würde ich die Frage stellen: Was wäre denn gewonnen, wenn wir jetzt Lebenspartnerschaften auch als Ehe bezeichnen?“

(domradio 01.06.2015 mg)








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