2015-05-23 11:16:00

Syrien: Entführter Priester stand für Dialog der Religionen


In Syrien ist wieder ein Geistlicher entführt worden: Es handelt sich um den Prior des Klosters Mar Elian südlich von Homs, den syrisch-katholischen Priester Jacques Mourad, wie die Erzdiözese Homs bestätigte. Mourad, der in derselben klösterlichen Gemeinschaft gelebt hatte wie der bereits vor 22 Monaten entführten Italieners Pater Paolo Dall’Oglio, trat zuletzt als Vermittler im Tauziehen zwischen syrischer Armee und den Rebellen in der Region auf. Wer den Priester verschleppte, ist derweil noch unklar – syrische Aktivisten nannten auf Twitter bislang den so genannten „Islamischen Staat“ IS als Entführer. Mar Elian liegt rund 100 Kilometer von Palmyra entfernt, das die Islamisten eingenommen haben.

In Mourads Kloster sind derzeit hunderte Flüchtlinge aus Palmyra untergebracht, darunter auch viele Kinder, deren Überleben der Prior mit Hilfe muslimischer Wohltäter zu sichern suchte. Der Geistliche habe sich für bedrängte Christen wie Muslime stark gemacht, betont im Interview mit Radio Vatikan der apostolische Nuntius von Damaskus, Erzbischof Mario Zenari:

„Ich kenne ihn sehr gut und persönlich. Er ist ein hervorragender Priester, von tiefer Spiritualität und großer Barmherzigkeit. Er unterstützt Hilfsprojekte für alle, für Christen und Muslime. In der Gegend, wo das Kloster liegt, gibt es seit Jahren schon verschiedene bewaffnete Gruppen. Mourad wurde von allen sehr geschätzt, von Christen wie Muslimen – für seine Offenheit, seine Barmherzigkeit und seinen Einsatz für den Frieden. Er hatte versucht, die verschiedenen verfeindeten Parteien in Dialog zu bringen. Bislang wissen wir weder von wem noch warum er entführt wurde.“

Das Kloster Mar Elian ist eine Zweigstelle des Klosters Deir Mar Musa al Habashi, das der ebenfalls verschleppte italienische Jesuitenpater Paolo Dall’Oglio gegründet hatte. Die Mönche sind für ihre Friedens- und Dialogarbeit in der Region bekannt und wurden deshalb auch von der syrischen Regierung mit Argusaugen beobachtet. Ein Wirken auf Messers Schneide in einem zerrütteten Land: Mourad ist bereits der sechste Priester, der im Zuge des syrischen Bürgerkrieges entführt wurde. Welche Perspektive sieht Erzbischof Zenari für die Region?

„Ich glaube, dass bei allen die Ideen und Programme knapp geworden sind. Dieser Konflikt begann als syrischer Konflikt und hat am Ende immer mehr Länder der Region involviert. Ich würde ihn mit einem Schachspiel vergleichen, das verheerende Folgen in der ganzen Gegend haben kann. Denken wir an den Zyklon, der über den Irak hereinbrach, der den Jemen und andere Länder in diesem Erdteil getroffen hat. Es ist ein komplexer Konflikt, und die internationale Gemeinschaft müsste ihre Anstrengungen und Strategien verdoppeln. Der Waffenhandel muss unterbrochen werden, und man muss an der Versöhnung arbeiten. Und hier haben die Christen einen besonderen Auftrag: eine Brücke zu sein zwischen den verschiedenen Fraktionen.“

Mit der Entführung von Pater Mourad scheint eine weitere solcher „Brücken“ abgerissen worden zu sein.

(rv 23.05.2015 pr)








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