2015-05-17 13:03:00

Freude im Karmel Bethlehem über Heiligsprechung der Gründerin


Ein Karmelkloster steht für Stille. Da kann der Wirbel um die Heiligsprechung der Gründerin des Karmels von Bethlehem an diesem Sonntag das ruhige Leben der Schwestern schon mal auf den Kopf stellen. Die Freude im Karmel Bethlehem über die Heiligsprechung der Gründerin ist groß. Eine Reportage von Andrea Krogmann von der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Es ist einer der ersten Frühlingstage. Die Sonne ist am diesigen Morgenhimmel mehr zu spüren als zu sehen. Schulkinder trödeln durch leere Straßen, Touristenbusse bringen sich in Stellung. Bethlehem erwacht. Im Karmel am Stadtrand ist von alledem nichts zu spüren. Französische Psalmtöne durchdringen den kleinen Kirchenraum, doch das Auge sucht vergeblich nach dem Ursprung der leisen Klänge.

Erst auf den zweiten Blick wird Schwester Ferial erkennbar, rechts neben dem Altar, gleich hinter der Statue von Mariam Baouardy, und in gleicher Haltung. Ihre Mitschwestern sitzen, vor Blicken geschützt, abgetrennt durch ein vergittertes Glasfenster, in einer Seitenkapelle. Stille und Abgeschiedenheit sind zwei wesentliche Merkmale der kontemplativen Karmelitinnen. Die Heiligsprechung der Gründerin des Bethlehemer Karmels, Mariam Baouardy (1846-1878), durch Papst Franziskus bringt ungewohntes Leben in die Stille der Schwestern.

„Selige Maria vom gekreuzigten Jesus Baouardy“ steht in vergoldeten Buchstaben über dem Reliquienschrein. An diesem Sonntag hat Papst Franziskus die Ordensfrau zur Ehre der Altäre erhoben. Verehrt wird die Palästinenserin in ihrer Heimat längst: Unzählige Zettelchen mit Gebetsanliegen füllen die Truhe unter dem Seitenaltar. „Die Pilger kommen vor allem wegen der Heiligsprechung“, sagt Schwester Anne-Françoise, als Priorin für die 14 Schwestern des Klosters verantwortlich. Und es werden immer mehr Pilger. „Nicht ganz normal für einen Karmel. Wir müssen gleichzeitig einen geschützten Raum finden, um unser Leben führen zu können.“

An diesem Morgen haben sich vier Pilger zur Messe in die Kirche verirrt. Wer das Gotteshaus betreten will, muss an der kleinen Holztür klingeln. Vorbei an einem Andenkenladen und dem Museum mit den Habseligkeiten der neuen Heiligen führt ein schmaler Korridor zur Kirche. Das Hauptportal bleibt verschlossen.

Kevin stammt aus Indien, lebt aber schon lange in Bethlehem. Immer wieder zieht es den Touristenführer in die Stille des Karmels, seit er vor zwölf Jahren seine ganz eigene Begegnung mit Mariam Baouardy hatte: „Am Festtag Mariams, dem 26. August, war ich in meinem Garten, als plötzlich Glocken läuteten und ein Schwarm Tauben aufflog.“ Ganz so wird es vom Todestag der Ordensgründerin erzählt.

Ein Jahr später, erzählt Ibrahim aus Bethlehem, am 26. August 2004, sei Kevin zu ihm ins Büro gekommen, um das Zeugnis seiner Vision niederzuschreiben, da hätten erneut Kirchenglocken geläutet, und auf seinem Fernsehbildschirm sei eine weiße Taube erschienen.

„Eine Heilige für die heutige Zeit“

„Mariam spricht unsere Sprache, sie lebt unsere Einfachheit, unser Leben“, sagt Schwester Ferial. Als einzige Palästinenserin im Karmel spricht sie aus, was viele ihrer arabischen Mitchristen empfinden. „Es ist heute schwer, Palästinenser zu sein“, sagt sie. Angesichts der Konflikte im Nahen Osten werde die heilige Mariam den Menschen helfen, den richtigen Weg zu finden. Der Herr habe «die richtige Zeit“ für die Heiligsprechung gewählt, so Ferial.

„Mariam ist sehr charakteristisch für die Menschen, die Christen hier», sagt Priorin Anne-Francoise. Väterlicherseits stammte die Familie Baouardy aus der Gegend um Damaskus. Mariam selbst wurde im galiläischen Ibellin geboren, zog dann nach Ägypten und kam später nach Jerusalem, nach Jaffa, nach Beirut. „Manchmal, wenn sie von 'Arabien' spricht, ist es schwer zu sagen, was sie meint“, sagt Anne-Francoise. „Balad il Shams, Balad il Mashakel“, erklärt Schwester Ferial lachend, „Land der Sonne, Land der Probleme“. Bevor sich Nationalstaaten in der Region bildeten, nannte man das Gebiet „Land der Sonne“. Familiengeschichten wie jene der Baouardys teilen die meisten. Der Name „Balad il Shams“ ist wie die Familie der Baouardys ausgestorben. Die Probleme in der Region sind geblieben.

Der Teil des „Balad il Shams“, der heute Palästina heißt, berge nicht nur Probleme, sondern auch großen Reichtum, so Priorin Anne-Francoise. Zwar könne man sagen, im Orient sei Gott näher, auch, weil hier das Land der Offenbarung sei. Dies berge jedoch die Gefahr, in Fanatismus umschlagen. „Daher haben Orient und Okzident die Berufung, sich zu ergänzen, sich zu vereinen und zu komplettieren.“

Der Karmel, sagt die Priorin, liege genau an der Schnittstelle: „Die Regel des Karmel stammt aus dem Orient, aber der Orden nahm Form an in dem Moment, als Menschen aus dem Okzident kamen.“ Auch Mariam sei so eine „Brücke zwischen Orient und Okzident“, so Anne-Francoise. Genau deshalb „ist sie eine Heilige für heute: In der Begegnung zwischen Orient und Okzident liegt aktuell ein großes Thema. Es sind zwei Kulturen, die aufeinanderprallen oder sich bereichern können. Da liegt die Herausforderung und da kann Mariam uns helfen.“

(kna 17.05.2015 pr)








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