2015-04-23 10:04:00

Kardinal Koch bei Völkermord-Gedenkfeiern


Dass in Deutschland und Österreich über die Frage debattiert wird, ob es 1915 in der Türkei einen Völkermord an Armeniern gegeben hat, liegt auch daran, dass Papst Franziskus unlängst diesen Begriff des Völkermords benutzte. Zwar zitierte er dabei nur seinen Vorgänger, den hl. Johannes Paul II., doch die Türkei reagierte prompt und gereizt darauf. Danach begannen dann auch in anderen Ländern die Debatten um die historische und politische Bewertung der Massaker von 1915.

Anlass ist der hundertste Jahrestag der Ereignisse; in Armeniens Hauptstadt Eriwan wird ihrer offiziell gedacht. Dazu ist auch der vatikanische Ökumenebeauftragte Kardinal Kurt Koch in den Kaukasus gereist, er nimmt an diesem Donnerstag an der Heiligsprechung von Opfern teil und an der politischen Gedenkveranstaltung Armeniens an diesem Freitag. Dort wird er eine Botschaft des Papstes verlesen, die aus der von der Türkei mit harten Worten kritisierten Ansprache vor Armeniern am 12. April zitiert.

Für die Beziehungen zwischen der katholischen und den orientalisch-orthodoxen Kirchen im Ökumenerat zuständig ist Pater Gabriel Quicke. Er begleitet Kardinal Koch und berichtet uns, mit welcher Perspektive die Gedenkfeiern ablaufen werden. Zunächst werde es eine Konferenz zum Thema Völkermord geben, zu der verschiedene Religionsgemeinschaften kommen werden. Man werde eine gemeinsame Reflexion und Stellungnahme erarbeiten. Man vergesse auch nicht, dass die Orte, an die die Armenier vor hundert Jahren flohen, heute die Staaten sind, in denen Christen am meisten verfolgt würden, so Quicke gegenüber Radio Vatikan. „Wir können sagen, dass die ganze Geschichte der armenischen Christen eine Geschichte der Wanderung ist. Sie sind immer auf Wanderung, so wie einst Abraham auf Wanderung war. Dabei haben sie immer fürchterliche Gräueltaten erlitten wie das, was ihnen vor hundert Jahren angetan wurde.“

Dass ein Papst den Begriff Genozid oder Völkermord vor zwei Wochen erstmals öffentlich ausgesprochen habe, auch wenn es das Zitat aus einem Dokument war, habe die armenische Kirche positiv überrascht; man müsse aber den Zusammenhang sehen, erklärt Pater Gabriel. „Er hat den Begriff mit Bezug auf die andauernde Verfolgung benutzt, der Christen ausgesetzt sind. Fast jede Woche kommen aus Nordafrika, aus dem Irak oder aus Syrien neue fürchterliche Nachrichten.“ Die historischen Ereignisse, aus der aktuellen Perspektive gelesen, mahnten, nicht zu vergessen.

(rv 23.04.2015 ord)








All the contents on this site are copyrighted ©.