2015-04-22 14:10:00

Österreich: Neues Mahnmal für Opfer der NS-Justiz


Vor dem Wiener Landesgericht erinnert jetzt ein Mahnmal an die mehr als 1.200 Frauen und Männer, die hier zwischen 1938 und 1945 von der NS-Justiz hingerichtet wurden. Eine Pyramide aus Stahl trägt in Anlehnung an die Dauer der Nazi-Herrschaft in Wien den Schriftzug „369 Wochen“ und projiziert ihn auf jene Stelle im Gerichtsgebäude, wo u.a. auch die Ordensschwester Maria Restituta Kafka sowie die Priester Heinrich Maier und Heinrich Dalla Rosa ermordet wurden; die scharfen Kanten deuten als Symbol für die mörderischen NS-Verbrechen eine Klinge an.

Eröffnet wurde das von der Künstlerin Eva Schlegel entworfene Mahnmal am Dienstagabend mit einer Gedenkstunde, an der neben zahlreichen Angehörigen der Opfer auch Kardinal Christoph Schönborn, Bundeskanzler Werner Faymann, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Landesgerichtspräsident Friedrich Forsthuber teilnahmen.

Kardinal Schönborn betonte in seinen Worten bei der Gedenkfeier die große Bedeutung der anhaltenden Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes. Stellvertretend für alle durch die NS-Justiz ermordeten Menschen berichtete Schönborn von der Leidensgeschichte der 1998 von der Kirche seliggesprochenen Sr. Restituta. Sie ist die einzige Ordensfrau, die von der NS-Justiz zum Tode verurteilt wurde, weil sie regimekritische Texte abschrieb und verteilte. „Sie gibt Zeugnis für all jene Menschen, die diesem Unrechtsregime zum Opfer gefallen sind“, sagte Kardinal Schönborn. Der Wiener Erzbischof erinnerte zudem an die Schicksale der 19 Gefangenen, die am 30. März 1943 zur selben Stunde wie Sr. Restituta ermordet wurden, unter ihnen Menschen die etwa aufgrund ihrer politischen Einstellung oder sexuellen Orientierung von der NS-Justiz zum Tode verurteilt wurden. „Ich verneige mich in tiefem Respekt vor diesen Menschen“, sagte der Kardinal.

Verpflichtung nicht zu vergessen

Man verneige sich vor all jenen, die auf Grund ihrer Überzeugung und ihrer Wertehaltung von den Nationalsozialisten hingerichtet wurden, sagte Bundekanzler Faymann. „Der Mut und Charakter derer, die gegen das Unrechtssystem des Nationalsozialismus ihre Stimme erhoben haben, sind das Fundament der Zweiten Republik.“ Auch Faymann betonte die hohe Bedeutung des immer wiederkehrenden Blicks auf die Geschichte. „Wir können uns in Österreich glücklich schätzen, in einem freien Land leben zu dürfen, denn noch heute lebt der überwiegende Teil der Menschheit in Unfreiheit.“

Es gelte alles daran zu setzen, um auch heute die Sensibilität für Unrecht zu bewahren, sagte Justizminister Brandstetter. „Es braucht den Blick zurück, auch auf die dunklen Flecken der Geschichte, um Tag für Tag erneut Zeugnis ablegen zu können“, so der Minister. Das neue Mahnmal sei in diesem Zusammenhang ein weiterer wichtiger Schritt.

Der Präsident des Landesgerichts, Friedrich Forsthuber, hatte sich in den vergangenen Jahren intensiv darum bemüht, die Geschichte des seit mehr als 175 Jahren bestehenden Gerichts sichtbar zu machen. Seit Jänner erinnern zehn Zeittafeln an der Außenfassade an die wechselvolle Geschichte des Gerichts und der Strafgerichtsbarkeit von 1839 bis heute.

(kap 22.04.2015 no)








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