2015-04-12 16:37:00

„Genozid an Armeniern": Türkei protestiert gegen Papstworte


Die Türkei hat noch am Sonntag scharf auf die Aussagen von Papst Franziskus zum Genozid an den Armeniern reagiert. Das Kirchenoberhaupt schüre mir solchen Worten Hass, erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu via Twitter. Die Erklärung des Papstes sei „weit von Geschichte und Recht entfernt" und nicht hinnehmbar. Religiöse Ämter seien überdies „nicht der Ort, mit haltlosen Vorwürfen Feindschaft und Hass zu schüren", fügte er hinzu.

Papst Franziskus hatte bei einer Gedenkmesse mit armenischen Gläubigen im Petersdom erklärt, die Armeniern seien „Opfer des ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts" gewesen. Daraufhin wurde ebenfalls noch am Sonntag der Apostolische Nuntius in Ankara, Erzbischof Antonio Lucibello, ins Außenministerium einbestellt. Der türkische Staatssekretär Levent Murat Burhan sagte dem Vatikan-Diplomaten laut Medienberichten, die Äußerung des Papstes habe die Türkei tief enttäuscht; sie sei fern der historischen Tatsachen und einseitig. So habe der Papst nur vom Leid der Armenier gesprochen, nicht aber vom Schicksal der Muslime oder der Angehörigen anderer Religionen.

Die Aussage des Papstes widerspreche zudem dessen eigenen Botschaften von Frieden, Verständigung und Dialog, die er bei seinem Türkei-Besuch im November überbracht habe, so Burhan den Berichten zufolge weiter. Die jüngsten Ereignisse hätten zu einem Vertrauensverlust in den Beziehungen geführt und zeitigten „sicherlich" noch weitere Folgen.

Papst Franziskus hatte sich eines Zitats bedient, als er die Armenier als Opfer des „ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts" bezeichnet. Er bezog sich auf seinen Vorvorgänger Johannes Paul II. (1978-2005), der diese Formulierung in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Obersten Patriarchen und Katholikos aller Armenier Karekin II. vom 27. September 2001 verwendet hatte.

Vor kurzem hatte sich die türkische Regierung noch zuversichtlich gezeigt, einen Eklat zum Völkermord mit dem Vatikan vermeiden zu können. So meldete die Presse, die türkische Botschaft beim Heiligen Stuhl habe einen Gottesdienst des Papstes in Armenien zum 100. Jahrestag der Massaker verhindert. An diesem Sonntag feierte Franziskus einen solchen Gottesdienst mit den Spitzen von Staat und Kirche Armeniens im Petersdom. Die Türkei und der Heilige Stuhl unterhalten seit 1960 diplomatische Beziehungen. 

Am 24. April jährt sich der Beginn der Armenier-Massaker im damaligen Osmanischen Reich 1915. Die Türkei lehnt unter Androhung von Strafen die Einstufung der Verbrechen als Völkermord ab und wirft Armenien vor, den Jahrestag für eine Kampagne zur internationalen Anerkennung des Genozids nutzen zu wollen. Bei den Massakern des seinerzeit mit Deutschland verbündeten Osmanischen Reiches wurden 1915 und 1916 in Ostanatolien bis zu 1,5 Millionen Armenier ermordet. 

(kna/rv 12.04.2015 gs)








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