2015-03-30 12:19:00

Sizilien: Der Kreuzweg der Migranten


In Palermo, der Hauptstadt von Sizilien, haben Migranten einen eigenen Kreuzweg: Seit drei Jahren verfassen sie die Texte für eine „Via Crucis“ durch die Innenstadt. Tausende von Migranten nehmen jeweils am Palmsonntag an der Prozession in zehn Sprachen teil – so auch an diesem Sonntag. Pater Sergio Natòli organisiert die Veranstaltung. Er erzählt im RV-Interview: „Das ist eine Form der Volksfrömmigkeit, die von Katholiken sehr intensiv begangen wird, und wir wollten, dass das auch ein öffentliches Zeugnis der Nachfolge des Gekreuzigten ist. Darum bringen wir zu diesem Kreuzweg jedesmal die verschiedenen ethnischen Gruppen zusammen: Menschen aus Elfenbeinküste, Ghana, Tamilen und Singalesen, Peruaner, Ecuadorianer, die Filipinos. Dazu kommen Nigerianer, Togolesen, Menschen aus Benin und anderen Ländern, aber eher vereinzelt und nicht als Gruppe.“

Thema des Kreuzwegs 2015: der Friede. Das klingt zunächst mal banal, ist es aber nicht – schließlich sind viele der Teilnehmer an den vierzehn Leidensstationen Jesu vor Krieg und Gewalt in ihrer Heimat geflohen. „Offiziell gibt es wenig mehr als 30.000 Migranten in Palermo – also Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis. Ein Drittel von ihnen sind Muslime aus Tunesien und Algerien. Aber es  gibt sehr viele Katholiken – ca. 12.000 bis 13.000 – und dann Hindus, Buddhisten und Anhänger von traditionellen Religionen.“ Wie gut sie sich in das Leben auf Sizilien integriert haben, hängt nach der Beobachtung von Pater Natòli sehr von ihrem „ethnischen Background“ ab. „Einige Gemeinschaften haben größere Schwierigkeiten mit dem Zusammenleben und der Integration als andere. In der Regel aber läuft das in sozialer und bürgerlicher Hinsicht positiv, weil Sizilien im Lauf seiner Geschichte viele ausländische Eroberer erlebt hat, die Menschen haben das hier ein bisschen in der DNA, das Aufnehmen, das Teilen mit anderen.“

Schwierigkeiten hat der Pater aus dem Seelsorgeamt des Erzbistums eher mit den Behörden in seiner Stadt: „Es passiert oft, dass religiöse Organisationen als eine Art Korken benutzt werden, wenn andere unfähig sind, sich um die Migrationsproblematik zu kümmern... Wir haben hier in der Stadt ein Zentrum für 1.200 Migranten, denken wir auch an die erste Aufnahme der Flüchtlinge und Vertriebenen, die auf Sizilien ankommen. Es gibt eine Politik des Löcherstopfens, nicht so sehr eine Politik auf lange Sicht.“ Darum habe der Kreuzweg der Migranten immer auch eine politische Botschaft, so Pater  Natòli.

(rv 30.03.2015 sk)








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