2015-03-15 15:10:00

Österreich: Letzte große Predigt von Kapellari


Der Kirche und einem Bischof muss es zuerst und zuletzt um Gott, seinen menschgewordenen Sohn Jesus Christus und den Menschen als Geschöpf und Kind Gottes gehen. Mit diesen Worten bilanzierte der emeritierte Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari seine 33 Jahre bischöflichen Dienst in der Leitung von insgesamt zwei Diözesen. „Wenn die Kirche sich zu einem eigenständigen Thema macht und sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, dann verfällt sie in eine sterile Selbstbezogenheit“, warnte der Bischof beim offiziellen Dankgottesdienst am Sonntagnachmittag im Grazer Dom im Beisein zahlreicher Verantwortungsträger aus Kirche, Politik und Gesellschaft.

Mit Blick auf die Lage des Glaubens sagte der Bischof, dass Gott heute weltweit für unzählige Menschen eine „zutiefst lebensprägende Wirklichkeit“ ist. Und für sehr viele davon sei Jesus Christus, als Gottessohn und Menschensohn, ein „Angelpunkt der Weltgeschichte“. Gleichzeitig ortete er eine Glaubenskrise in der sogenannten westlichen Welt,  wo viele Menschen lebten, „so als ob es Gott nicht gäbe“.  Es handle sich dabei weniger um einen überzeugten Atheismus als vielmehr um eine „Gleichgültigkeit gegenüber der Frage nach dem Sinn des Lebens und ein beliebiges Vermengen verschiedener Religionen“, so Kapellari unter Verweis auf Kurienkardinal Gianfranco Ravasi. Dennoch gebe es von Philosophen wie Jürgen Habermas und Literaten wie Martin Walser die eindringliche Frage: „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“

Was fehlt, wenn Gott fehlt?

Vor diesem Hintergrund seien „ernsthafte Christen“, die Christus wirklich gefunden haben, herausgefordert, ihn auch anderen Menschen einladend zu zeigen. Die stärkste Kraft dafür sei ein glaubhaftes Leben als Mensch und Christ mit viel Solidarität und Empathie in der Kirche und über alle ihre Grenzen hinaus. „Erst auf dieser Basis werden Argumente tragfähig, die suchende Menschen zu Gott führen und Kirche als Heimat erschließen wollen“, so Bischof Kapellari.

Echtes christliches Leben zeichne eine Freude aus, die ihren tiefsten Quellgrund in der gekreuzigten Liebe Christi hat, führte der Bischof weiter aus und verwies dabei auf Papst Franziskus und dessen Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“. Es sei kein dogmatisches Lehrbuch, sondern ein großer spiritueller Impuls, der nicht nur der Christenheit, sondern der ganzen Menschheit ein Wegbegleiter in die nächsten Jahre und Jahrzehnte hinein sein sollte. Im Blick auf Irritationen rund um einige Aussagen des Papstes sagte der Bischof: „Ich hoffe inständig, dass eine überzogene ‚political correctness’ innerhalb und außerhalb der Kirche gegenüber einzelnen Worten und Gesten des Papstes diesen großen prophetischen Grundimpuls nicht hemmen kann.“

(kap 15.03.2015 sk)








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