2015-02-14 10:49:00

Österreich: Streit um Sterbehilfe-Gesetz


 Die österreichische Bioethikkommission hat Empfehlungen zum Thema Sterbehilfe abgegeben, wobei die Kommissionsmitglieder deutlich unterschiedlicher Meinung waren. 16 der 25 Mitglieder befürworteten eine Lockerung des strafrechtlichen Verbots der Mitwirkung am Suizid, während acht Mitglieder eine derartige Neuregelung als problematisch bezeichneten. Der am Donnerstag in einer Pressekonferenz präsentierte Abschlussbericht, der insgesamt vier unterschiedliche Voten abbildet, soll laut der Kommissionsvorsitzenden Christiane Druml möglichen Regierungsmaßnahmen eine Linie vorgeben.

Das von Druml präsentierte Mehrheitsvotum spricht sich für Straflosigkeit für Angehörige und nahestehende Personen aus, die „einer an unheilbarer, zum Tode führenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leidenden Person beim Suizid Hilfe leisten, sofern die Beweggründe – Loyalität oder Mitleid – verständlich seien. Der diese Handlung bisher betreffende Paragraph 78 im Strafgesetzbuch (StGB) sollte demnach gelockert werden.

Abweichend davon erklärten acht Kommissionsmitglieder, eine Abänderung des StGB-Paragraphen ein völlig falsches Signal an die Gesellschaft richten würde. Was, das erklärt der Grazer Moraltheologe Walter Schaupp, ein Unterzeichner des Minderheitenvotums: „Ein wesentliches Bedenken war, dass jede gesetzliche Regelung, die Ausnahmeregelungen schafft, anfällig ist dafür dass es sich ausweitet. Ob es dazu kommt, kann man vorher nicht mit Sicherheit sagen, aber es gibt gewisse Erfahrungswerte dass wenn es einmal Ausnahmen gibt, dass es dazu tendiert, mit einer gewissen Normalität in Anspruch genommen zu werden.“

Wie das Minderheitenvotum weiter feststellte, wäre die vorgeschlagene Abänderung des Paragraphen 78 StGB – die Straffreistellung bestimmter Ausnahmen - in vielerlei Hinsicht problematisch. So gebe es enorme Unschärfen bei Begriffen wie „begrenzte Lebenserwartung" oder bei der Überprüfbarkeit der Vorbedingungen, zudem würden Ärzte keineswegs aus einem Gewissenskonflikt entlassen, wie von Befürwortern vorgetragen. Statt einer Strafgesetzbuch-Änderung wurde deshalb - als „niederschwelligere Alternative“ – die Erstellung von Richtlinien angeregt, nach denen Staatsanwälte prüfen können, ob Einzelfälle weiterverfolgt werden müssen oder nicht. „Das Justizministerium müsste nicht den Gesetzestext ändern, sondern eine Regulierung erlassen, in dem festgehalten wird, nach welchen Kriterien Staatsanwälte, wenn sie auf einen solchen fall stoßen, beurteilen sollen.“ Wenn es nur um einen menschlichen Beistand gehe, dürfe auf keinen Fall Anklage erhoben werden, so Schaupp weiter.

Selbst innerhalb des Minderheitenvotums gab es innerhalb der Kommission jedoch vier Mitglieder, die ihre Meinung in einem Sondervotum noch weiter präzisierten. Die Äußerung eines Wunsches nach dem Lebensende dürfe nicht mit tatsächlicher Suizidabsicht gleichgesetzt werden, hieß es hier, zudem seien diese Äußerungen vor allem Ausdruck eines Leidensdrucks, der eine Verbesserung der Lebenssituation als Ziel haben müsse. Jeder Suizid - egal ob „aus der Mitte des Lebens“ oder bei lebensbedrohlicher Erkrankung – sei zudem ein „tragischer Schlussstrich“, den es gesellschaftlich zu vermeiden gelte.

Streit um die Diskussion über Verfassung

Ganz im Gegensatz zu Drumls Aussagen bei der Pressekonferenz, der zufolge die Bioethikkommission sich gegen eine verfassungsrechtliche Verankerung des Sterbehilfeverbots ausgesprochen habe, äußerte sich Kommissionsmitglied Stephanie Merckens gegenüber der Agentur „Kathpress“: Die Kommission habe bei ihrer Sitzung am Montag dieses Thema nicht einmal angesprochen, so die Vertreterin des Instituts für Ehe und Familie der Bischofskonferenz, die auch zu den Unterzeichnern des Minderheiten- und des Sondervotums zählt. Offensichtlich sei eine diesbezügliche Diskussion unerwünscht und stehe der nunmehr befürworteten Aufweichung des Rechtsschutzes entgegen.

(kap 14.02.2015 ord)








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