2015-02-02 10:28:00

Bosnien: Papst soll bei Friedensfindung helfen


Am Sonntag nach dem traditionellen Angelus-Gebet kam auf einmal die Überraschung: Papst Franziskus kündigte eine Ein-Tages-Reise nach Bosnien am 6. Juni 2015 an. Nicht nur die Menschen auf dem Petersplatz, die spontan applaudieren, freuen sich über die Nachricht, sondern auch Erzbischof Luigi Pezzuto: Er ist der Päpstliche Nuntius für Bosnien- Herzegowina. Und er sieht die Papstreise als einen wichtigen Beitrag zur Friedensfindung im Land, genau zwei Jahrzehnte nach dem Dayton-Abkommen, das viele der Konflikte bei der Auflösung Jugoslawiens gewissermaßen eingefroren hat. Im Interview mit Radio Vatikan erzählt Pezzuto, was die Menschen in Sarajewo zur angekündigten Papstreise sagen:

„Natürlich ist die Nachricht sehr gut angenommen worden. Wir haben schon einige Reaktionen… Wir sind sicher, dass die schon lange erwartete Reise nicht nur den Katholiken große Freude bereitet. Wie Sie wissen, ist Sarajevo wie eine Kreuzung - nicht nur kulturell, sondern auch religiös, mit unterschiedlichen christlichen Konfessionen, unterschiedlichen Religionen. Der muslimische Führer des Landes hat mir erklärt: ‚Sagen Sie dem Papst, dass sein Besuch dem ganzen Land und allen Bewohnern guttun wird, auch wenn er aus Zeitgründen nur Sarajewo besuchen wird.‘ Auf allen Ebenen wird dieser Besuch also mit Spannung erwartet, das kann ich jetzt schon sagen.“

Für Nuntius Pezzuto steht der Friedensprozess, das Heilen der Wunden im Mittelpunkt der Papstreise. Zwar ist der bewaffnete Konflikt um Bosnien, in dem sich orthodoxe Serben, katholische Kroaten und muslimische Bosnier gegenüberstanden, schon lange vorüber, doch der politische Stillstand und die Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen sind heute noch spürbar und haben das Land zu einem der ärmsten Länder in Europa gemacht. Rund vierzig Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos, viele leben unter dem Einkommensminimum. Der Schmerz sitzt noch immer tief in den Menschen. Nachbarn wurden zu Feinden - und dann wieder zu Nachbarn. Für Erzbischof Petuzzo sollen nun „interreligiöser Dialog und ökumenischer Dialog“ die Schlagworte der Reise werden. Papst Franziskus gehe wieder einmal an die Peripherie. Er wisse genau, wen er in Bosnien treffen wolle:

„Die Kriegsopfer. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Krieg erst vor zwanzig Jahren endete. Es gibt Kriegsopfer mit Wunden jeder Art: in physischer, psychischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Diese Reise passt sehr gut zum Stil von Papst Franziskus, er ist dort, wo er gebraucht wird.“

Sarajewo war während des Bosnienkriegs (1992-1995) besonders stark umkämpft und wurde zunächst zum Symbol für die Feindschaft, dann aber auch zum Symbol für die versuchte Versöhnung zwischen den Volksgruppen. Zugleich dürfte der Papst mit seinem Besuch auch noch einmal an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erinnern wollen: Auslöser dieses Kriegs war die Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo im Jahr 1914.

Der Besuch ist Franziskus' zweite Reise in ein Balkanland. Im vergangenen September war er bereits in Albanien.

(rv/kap 02.02.2015 no)








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