2015-01-31 12:40:00

„Papst möchte frischen Wind in die Garde bringen“


„Der Papst ist zum Schluss gekommen, dass er eine Neubesetzung an der Spitze der Garde will. Er möchte frischen Wind in die Garde bringen“: So blickt Daniel Anrig am letzten Tag seines Dienstes als Kommandant der Schweizergarde zurück. Er äußerte sich im Gespräch mit dem Schweizer „Tages-Anzeiger“. Hinweise, dass der Papst die Garde abschaffen wolle, sehe er keine, sagte Anrig. Auf die Frage, was dem Papst an seiner Amtsführung nicht behagt habe, antwortet der scheidende Kommandant: „Ich müsste spekulieren, und das wäre unangebracht.“ Mit dem Beschluss habe der Papst vor allem eines gezeigt: „Der Papst interessiert sich für die Garde.“ Der Schweizer gibt zu, dass er seinen Dienst „gern weiter ausgeübt“ hätte. Er kehre nun mit seiner Familie in die Schweiz zurück. „Wo ich tätig sein werde, ist offen. So wenig ich je dachte, Kommandant der Schweizergarde zu werden, so wenig weiß ich im Moment, was meine künftige Aufgabe sein wird.“ An diesem Samstagnachmittag war der feierliche Abschied der Familie von den Gardisten vorgesehen. Am Freitagmittag traf Familie Anrig Papst Franziskus zu einer Privataudienz.

Keine Luxus-Wohnung

Anrig betont, dass er keine Luxus-Wohnung im Vatikan hatte: „Die Wohnung ist nicht luxuriös, die Möbel musste ich selber mitbringen. Da haben die Medien in Unkenntnis der Wirklichkeit geurteilt.“ Zur Kritik am seinem Führungsstil sagt Anrig, die Garde müsse nun einmal mit 110 Mann rund um die Uhr Dienst leisten. Dies bedinge „eine straffe Führung, und die Gardisten verstehen das“. Er habe aus der Truppe denn auch keine Kritik wegen eines zu harten Führungsstils vernommen. „Ich konnte zahlreiche Reformen umsetzen, die das Leben der Gardisten erleichtern“, fuhr Anrig fort. Beispielsweise konnten die Gardisten, seit er im Amt war, einen mehrtägigen Urlaub beantragen, sofern es der Dienstplan erlaubt. „Das hat es noch nie gegeben in der Geschichte der Garde“, erklärt Anrig. Zudem habe er im Sicherheitsbereich Reformen vorgenommen, sowohl im operativen Bereich wie auch bei der Ausbildung der Gardisten.

Uniform nicht beflecken

Was die zweistündige Ehrenwache betrifft, während derer die Gardisten auf Essen und Trinken verzichten müssten, gehe es darum, dass „die weltbekannte Uniform“ nicht befleckt werde. Er habe indes Wasserspender in den Pausenräumen anbringen lassen. Nicht kommentieren wollte der scheidende Kommandant die Anekdote, wonach der Papst schockiert gewesen sei, als er sah, dass die Gardisten im Dienst weder essen noch trinken dürfen. „Was ein Gardist im Dienst erlebt, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“, so Anrig wörtlich. „Jeder Tourist und jeder Pilger nimmt uns wahr.“ Das bedinge „ein diszipliniertes und korrektes militärisches Auftreten“. „Wir haben einen Sicherheitsauftrag und erfüllen eine Polizeiaufgabe. Das ist auch der Grund, dass die Schweizergarde weiterbestehen durfte, als die Schweiz im 19. Jahrhundert die Söldnerheere verboten hat.“

 Größte Herausforderung

Die größte Herausforderung unter Papst Franziskus sei für die Schweizer Garde die Wahl des Gästehauses Santa Marta als Residenz gewesen. „Denn nebst dem weiterhin zu schützenden Papstpalast, den Franziskus für seine Empfänge nutzt, mussten wir eine zusätzliche Bewachungsaufgabe am Wohnort übernehmen – mit demselben Personalbestand.“ Das Schöne an der Schweizergarde sei, so Anrig, dass sie sich permanent erneuere. „Junge Soldaten kommen und gehen. Deshalb kann ich sagen: Ich durfte jene Institution der Kurie führen, die am wenigsten anfällig für Intrigen ist.“

(kath.ch/rv 31.01.2015 mg)








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