2015-01-14 10:25:00

Versöhnung in Sri Lanka: Eindrücke eines Fremden


Die friedlichen Bilder aus Sri Lanka täuschen ein wenig. Das Land ist nach wie vor geprägt von den Jahren des Bürgerkrieges, viele Gegnerschaften sind noch nicht überwunden. Um einen Fremden, europäischen Blick auf die Gesellschaft des Landes zum Papstbesuch zu bekommen, haben wir mit Pater Axel Bödefeld gesprochen. Der Jesuitenpater ist seit einigen Monaten in Sri Lanka und absolviert in Kandy, dem Wirkungsort des neuen Heiligen Joseph Vaz, einen Teil seiner Ordensausbildung. An diesem Mittwoch war er bei der Messe in Colombo einer der 500.000 Mitfeiernden.

„Der Besuch war vor allem von der Präsidentschaftswahl vom vergangenen Donnerstag gezeichten,“ berichtet Pater Bödefeld. „Im Vorfeld hatte es viele Diskussionen und Initiativen gegeben, den Papstbesuch doch noch abzusagen, um zu verhindern, dass er in irgend einer Weise für die Präsidentschaftswahl benutzt wird. Man hatte auch Angst vor Unruhen im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen und ob der jetzt abgewählte Präsident wirklich resignieren würde oder nicht doch versuchen würde, das Militär in Gang zu setzen. Nun ist der Präsident aber friedlich zurückgetreten und damit war auch klar, dass es keine Unruhen geben wird. Das war eine große Erleichterung.“

Es sei beeindruckend gewesen, dass die Katholiken, obwohl eine kleine Minderheit, das öffentliche Leben dominiert hätten. „Dass der Papst kommt, war das große Thema in den Zeitungen. Und Colombo war, als wir gestern hierher gekommen sind, gestopft voll, überall Wimpel und Plakate und Fahnen. Ein riesiger Empfang für den Vertreter einer absoluten Minderheitsreligion.“ Es sei ein unbelastetes Fest an diesem Mittwoch gewesen, „keine Störungen, keine Spannungen“, berichtet Bödefeld.

Das habe aber wohl auch damit zu tun, das Religion insgesamt sehr präsent sei, fügt Pater Bödefeld an. Vor allem der Buddhismus sei im öffentlichen Leben sichtbar und einflussreich. „Auch die ersten Gesten, die der neue Präsident gesetzt hat, waren alles religiöse Gesten.“

 

Der Bürgerkrieg

Angesprochen auf den erst fünf Jahre zurückliegenden Bürgerkrieg berichtet Pater Bödefeld, dass er immer noch ein großes Thema sei. So hätte zum Beispiel vor der Präsidentschaftswahl kein Ausländer in den Norden des Landes reisen dürfen, also in das Gebiet der Tamilen, wo der Bürgerkrieg blutig beendet wurde und wohin Papst Franziskus an diesem Mittwoch als erster Papst zu einem Gebet gereist ist. „Heute beim Gottesdienst hat es der Kardinal [Malcolm Ranjith, Erzbischof von Colombo] ausdrücklich angesprochen. Am Ende, bei seinen Dankesworten, hat er davon gesprochen, dass diese Insel unbedingt noch Versöhnung braucht und immer noch innerlich und auch äußerlich von Verwüstungen gezeichnet ist.“ Das sei immer noch ein bleibendes Thema, bis in den Alltag hinein, etwa im eigenen Orden, den Jesuiten, auch da seien die Mitglieder oft jeweils bei einer Seite emotional involviert: „Da ist es nicht so leicht, zu einer etwas differenzierteren Einschätzung zu kommen. (…) Versöhnung braucht wohl noch viel Zeit, viele Initiativen und braucht Vertrauen.“

Was bei allen Menschen vorherrsche, sei die Erleichterung, dass der Krieg und vor allem der Terror vorbei seien. Soweit das ein Ausländer überhaupt einschätzen könne, sehe das nach einem Stillhalten aus, noch nicht wirklich nach Versöhnung. Das brauche noch viel Zeit.

(rv 14.01.2015 ord)








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