2014-12-23 15:05:00

Tunesien: Demokratisierung startet jetzt


Der aktuelle Leiter des Konrad-Adenauer Zentrum in der Hauptstadt Tunis Hard Osty hat im Interview mit Radio Vatikan davor gewarnt das neu-gewählte Staatsoberhaupt als einen Anti-Islamisten zu bezeichnen. Der langjährige Regierungspolitker Beju Caid Essebsi hat mit seinen 88-Jahren einen Schritt zur Demokratisierung mit den freien Wahlen miterlebt, aber er müsse er diese erst realisieren.

„Für Tunesien heißt dieser Wahlsieg, dass der Prozess des politischen Übergangs, der mit der Revolution begannen hatte, erst einmal abgeschlossen ist. Wir haben die Parlamentswahl hinter uns von Oktober hinter uns gebracht und nunmehr die ersten freien, regulären Präsidentschaftswahlen überhaupt seit der Unabhängigkeit Tunesiens, so dass dies ein sehr einschneidender Moment ist. Ich glaube bei der Klassifizierung der Bedeutung von Bèji Caid Essebsi tun sich gerade die europäischen Medien schwer. Ich glaube, es ist nicht richtig zu sagen: Anti-islamistisch oder häufig hört man auch an säkular. Ich glaube, das sind Adjektive, die nicht angebracht sind in Blick auf die Person, wie auf die Partei Nidaa Tounès (Anm. der Redaktion: Partei von Essebsi) Wichtig ist, dass es eine Bewegung ist, die sich gegen die Ennahda (Anm. der Redaktion: islamistische Partei, gewann bei den Wahlen 2011) gegründet hat. Aber ich würde nicht den Fokus darauf legen, dass sie antiislamistisch ist. Sondern es ist eine Partei ein Projekt, das versucht alle Tunesier versucht zu vereinen, zu sammeln und die Spannungen und Teilungen der vergangen drei Jahre zu überwinden.“

Vier Jahre sind seit dem Sturz des Machthaber Zine El-Abidine Ben Ali vergangen. Essebsi gewann 55,6  Prozent der Stimmen, sein Konkurrent erreichte 44,32 Prozent. Es gibt aber bereits Proteste. Essebsi ist ein ehemaliger Weggefährte Ben Alis und ist 88-Jahre alt. Viele finden das fragwürdig.

„Es gab auch Proteste und Spannungen. Das ist natürlich das Resultat einer Politik, die vor allem versucht hat auf Teilung und auf Spannung zu setzen. Ich glaube, dass für ein so kleines Land wie Tunesien, mit knapp 10 Millionen Einwohner, es schon wichtig ist, in so einer entscheidenden Etappe des Übergangs, nicht auf Ausschluss zu setzen, sondern auf Einbindung möglichst vieler Kräfte. Das Alter, was öfter mal gegen Bèji Caid Essebsi angeführt wird, ist sicher ein Argument, aber es ist auch ein tröstendes Argument. Denn mit 88 wird man nicht mehr anfangen eine Diktatur zu installieren, sondern ist sich dessen bewusst, dass man einen Übergang gestalten wird und das man dafür ein Mandat für fünf Jahre bekommen hat. Er scheint im Moment der Einzige zu sein, der dieses Vertrauen der Tunesier zumindest mehrheitlich rechtfertigt und ich denke das erklärt auch der Wahlausgang.“

Nida Tounes, die Partei von Essebsi ging auch als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl im Oktober hervor. Europäische Medien sprechen seit dem Wahlsieg von Essebsi von der Demokratisierung oder Realisierung der Arabsichen Revolution. Wie sehen Sie das?

„Ich bin hier etwas vorsichtiger. Wichtig ist, dass wir eine ganz wichtige und entscheidende Etappe erreicht haben. Das ist mit dem Durchführen der beiden Wahlen zum Parlament und zum Präsidentenamt geschehen. Ich glaube Tunesien hat die besten Voraussetzungen, dafür dass der eigentliche Prozess, und der steht jetzt noch bevor, eine Demokratisierung mittel- bis langfristig gelingt. Das wird aber vor allem davon abhängen, ob die Regierung und alle Verantwortlichen rangehen die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes zu lösen, denn das waren die Ursprünge der Revolution: die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Benachteilig der Region im Landesinneren….und da kamen die Proteste her und das sind genau die Ursachen, denen sich die Politik jetzt zuwenden muss.“

(rv 23.12.2014 no)








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