2014-11-30 14:00:00

„Franziskus geht schon von Einheit aus“


Mit Benedikts Besuch vor acht Jahren hat eine „neue Art der Kommunikation“ im katholisch-orthodoxen Dialog begonnen. Das unterstreicht der Ökumene-Fachmann und katholische Priester Nikolaus Wyrwoll im Gespräch mit Radio Vatikan in Istanbul. Der Dialog mit der orthodoxen Seite stehe seitdem auf einer soliden Basis, so Wyrwoll, der in Istanbul lebt und Konsultor im Päpstlichen Einheitsrat ist. So seien Franziskus‘ Besuch zum orthodoxen Andreasfest und seine ökumenischen Gesten „kein Versuch mehr, der Einheit näher zu kommen“, so Wyrwoll, „sondern er setzt diese Einheit schon voraus“. Der Besuch des Papstes sei in diesem Sinn ein „brüderlicher, geschwisterlicher Besuch in dieser hergestellten Einheit“.

 

Prälat Willem Sanders, langjähriger Ökumene-Referent des Erzbistums Hamburg, stimmt Wyrwoll zu. Das Fundament der Einheit sei gelegt, sagt er mit Verweis auf die letzten Treffen zwischen Papst und Patriarch, besonders Bartholomaios‘ Besuch in Rom zu Franziskus‘ Amtsantritt. Als langjähriger katholischer Referent des Norddeutschen Rundfunks hat Sanders die Türkeireisen der Päpste im Detail mitverfolgt, sie kommentiert und eingeordnet. Franziskus sei seinem „einfachen Stil“ in der Türkei treu geblieben, und er mache aus dieser Schlichtheit „keinen Hehl“, so Sanders im Gespräch mit Radio Vatikan in Istanbul. Anne Preckel sprach mit dem Prälaten kurz nach dem ökumenischen Gottesdienst von Papst und Patriarch im Phanar, an dem Sanders teilgenommen hatte. 

 

„Er ist so einfach aufgetreten, wie er das auch in Rom gerne möchte. Er hat sich ein ganz einfaches Auto ausgesucht – und die haben sich hier Mühe gegeben, einen kleinen Wagen zu finden, kleiner wollten sie ihn dann doch nicht nehmen; das ist schon auffallend. Auch, wie er in die Kirche kam, erst ganz ohne liturgische Kleidung. Dann, beim Segen, bekam er eine Stola für seine Ansprache, aber die war auch wieder ganz einfach, also wirklich schlicht rot. Das fiel dann schon auf, auch angesichts der orthodoxen Prachtentfaltung, die es in der Patriarchatskirche gibt.“

 

Welche Akzente haben Sie - inhaltlich - den Papstworten entnehmen können? 

 

„Meines Wissen hat bisher noch kein Papst so deutlich gesagt, dass er hier den heiligen Andreas als Gründer der Kirche von Konstantinopel verehren kommt, das ist schon ein wichtiger Akzent. Natürlich gab es immer die Delegationen, um das Patronatsfest des heiligen Andreas hier mitzufeiern. Dann hat Franziskus deutlich darauf hingewiesen, dass Petrus und Andreas als Brüder nun auch als Brüder wirken müssen und dass das ein Zeichen der Hoffnung für die Christenheit ist.“

 

Was ist aber mit den theologischen Differenzen?

 

„Natürlich kann der Patriarch Bartholomaios auch niemals annehmen, dass der Papst ein Jurisdiktionsprimat über die orthodoxen Kirchen hat. Und die römische Kirche täte gut daran zu sagen, was wir im Ersten Vatikanischen Konzil beschlossen haben: Das gilt nur für die römisch-katholische Kirche. Wenn das einmal deutlich gesagt würde, dann wäre, glaube ich, ganz viel Eis gebrochen.“

 


Dialog mit Orthodoxen an die Glaubenskongregation verlagern?

Was meinen Sie, Prälat Wyrwoll: Gibt es da vielleicht demnächst einen Durchbruch?

 

„Ich denke, der muss in unseren Köpfen stattfinden. Die katholischen Kirchen, nämlich alle Bistümer und die orthodoxen Kirchen, sind Schwesterkirchen. Josef Ratzinger hat als Kardinal damals in seinem Schreiben Dominus Iesus in Nummer 17 ganz klar festgestellt, dass die orthodoxen Kirchen genauso echte Teilkirchen sind wie die katholischen Bistümer, und hat dann klugerweise hinzugefügt: obwohl sie den Primat des Papstes in seiner modernen Form nicht anerkennen. Also, hier sind sich heute zwei Bischöfe begegnet, die eigentlich wirklich ganz und gar zu der einen Kirche gehören. Und ich finde, es wäre auch hilfreich in Rom, wenn die Kontakte mit den orthodoxen Kirchen nicht im Rat für die Einheit der Kirchen wären, der mit den Protestanten spricht, sondern bei der Glaubenskongregation. Weil es sich hier doch eigentlich um Kontakte mit einer gleichen Kirche handelt, mit einer Schwesterkirche.“

 

(rv 29.11.2014 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.