2014-11-28 09:56:00

Papst appelliert an Muslime: „Gemeinsam gegen Gewalt“


Religionsführer haben „die Pflicht“, öffentlich gegen Gewalt einzutreten, die sich auf religiöse Gründe beruft. Das hat Papst Franziskus am Freitagnachmittag betont. In Ankara besuchte er das Amt für religiöse Angelegenheiten, die sogenannte „Diyanet“, höchste Autorität des sunnitischen Islam der Türkei. Dabei forderte er für die Gewalt muslimischer Terroristen wie etwa des „Islamischen Staats“ „die stär kste Verurteilung“ durch islamische Autoritäten. Ausdrücklich bekannte sich Franziskus in seiner Ansprache zum katholisch-islamischen Dialog.

 

„Die guten Beziehungen und der Dialog unter den religiösen Führern sind in der Tat von großer Bedeutung. Sie stellen eine klare Botschaft an die jeweiligen Gemeinschaften dar, um auszudrücken, dass gegenseitige Achtung und Freundschaft möglich sind, trotz der Unterschiede. Diese Freundschaft ist bereits in sich ein Wert, darüber hinaus aber gewinnt sie eine besondere Bedeutung und wird noch wichtiger in Krisenzeiten wie der unseren – Krisen, die in einigen Regionen der Welt wahre Tragödien für ganze Bevölkerungen werden.“

 

„Wirklich tragisch“ sei die Lage vor allem in Syrien und dem Irak, fuhr der Papst fort. „Alle“ litten „unter den Folgen der Konflikte“; die humanitäre Lage sei „beängstigend“.

 

„Ich denke an so viele Kinder, an die Leiden der vielen Mütter, an die alten Menschen, an die Evakuierten und an die Flüchtlinge, an die Gewalt aller Art. Besondere Sorge erweckt die Tatsache, dass, vor allem aufgrund einer extremistischen und fundamentalistischen Gruppe, ganze Gemeinschaften, besonders – aber nicht allein – die Christen und die Jesiden wegen ihrer ethnischen und religiösen Identität unmenschliche Gewalt erlitten haben und noch erleiden.“

 

Gewaltsam seien sie „aus ihren Häusern vertrieben worden“, hätten „alles verlassen müssen, um ihr Leben zu retten und ihren Glauben nicht zu verraten“. Die Gewalt treffe auch sakrale Gebäude und das kulturelle Erbe, „als wolle man jede Spur, jede Erinnerung des anderen auslöschen“. 

 

„Als religiöse Führer haben wir die Pflicht, alle diese Verletzungen der Menschenwürde und der Menschenrechte öffentlich anzuklagen. Das menschliche Leben, ein Geschenk des Schöpfergottes, besitzt einen sakralen Charakter. Darum verdient die Gewalt, die eine religiöse Rechtfertigung sucht, die stärkste Verurteilung, denn der Allmächtige ist Gott des Lebens und des Friedens. Von allen, die behaupten, ihn anzubeten, erwartet die Welt, dass sie Männer und Frauen des Friedens sind, fähig, als Brüder und Schwestern zu leben, trotz der ethnischen, religiösen, kulturellen oder ideologischen Unterschiede.“

 

Bei der „öffentlichen Anklage“ darf es aber nach den Worten des Papstes nicht bleiben: Hinzu komme „die gemeinsame Arbeit“ an Lösungen. Dafür müssten alle zusammenwirken, Politiker wie Religionsführer, alle Menschen guten Willens.  

 

„Besonders die Verantwortlichen der religiösen Gemeinschaften können mit den Werten, die in ihren jeweiligen Traditionen vorhanden sind, einen kostbaren Beitrag leisten. Wir, Muslime und Christen, sind Träger unschätzbarer spiritueller Reichtümer, unter denen wir Elemente erkennen, die wir gemeinsam haben, auch wenn sie entsprechend der je eigenen Traditionen gelebt werden: die Anbetung des barmherzigen Gottes, der Bezug auf den Patriarchen Abraham, das Gebet, die Almosen, das Fasten…“

 

Viele gemeinsame „Elemente“ also. Wenn sie „aufrichtig gelebt werden“, dann sind sie dazu imstande, „das Leben zu verwandeln“, sagte der Papst. Gemeinsames Anerkennen der Heiligkeit des menschlichen Lebens stärke „das gemeinsame Mitleid“ und die gemeinsame Hilfe für alle Leidenden.

 

„In diesem Zusammenhang möchte ich meine Anerkennung für all das ausdrücken, was das ganze türkische Volk – die Muslime und die Christen – für die Hunderttausende von Menschen tun, die aufgrund der Konflikte aus ihren Ländern fliehen. Das ist ein konkretes Beispiel dafür, wie man gemeinsam arbeiten kann, um den anderen zu dienen – ein Beispiel, das zu ermutigen und zu unterstützen ist.“
 

(rv 28.11.2014 sk)








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