2014-11-24 13:57:00

Ägypten-Experte: „Sisis Besuch beim Papst ist starkes Zeichen“


Dass Ägyptens neuer Präsident vier Monate nach seiner Wahl den Papst im Vatikan besucht, ist „ein starkes Zeichen“. Das betont der in Kairo lebende deutsche Priester Joachim Schroedel im Gespräch mit Radio Vatikan. An diesem Montag traf Präsident Abd al-Fattah as-Sisi Papst Franziskus. Sisi hat im eigenen Land „einen eigenen Papst an seiner Seite“, so Monsignore Schroedel, nämlich Kopten-Papst Tawadros. Das Gespräch mit dem ehemaligen Seelsorger der deutschsprachigen Gemeinde in Kairo führte Mario Galgano.

„Für die Christen in Ägypten ist es natürlich sehr wichtig, gleich und schnell mit dem entsprechenden Staatsoberhaupt in guten Kontakt zu kommen. Was den Kontakt in Rom betrifft, so bin ich sehr glücklich darüber, dass dies funktioniert und dass er sich darum bemüht. Damit will Sisi mit der Weltkirche in Kontakt treten. Er weiß sehr wohl, dass 1,2 Milliarden Katholiken auf dieser Welt einen starken Einfluss haben in politischen Dimensionen, denken wir da nur an die Lage Ägyptens und die Beziehungen Ägyptens mit dem Westen aber auch mit dem Osten. Da spielt das Christentum eine besondere Rolle. Auch kommt hinzu, dass ein Ägypter schlichthin ein religiöser Mensch ist. Er nimmt wahr, dass Religion eine entscheidende Rolle spielt für das Leben. Da ist zunächst egal, ob man Muslim oder Christ ist.“

Ägypten war lange Zeit in den Schlagzeilen wegen den politischen Umbrüchen. In letzter Zeit ist es wieder ruhiger geworden. Wie ist die aktuelle Lage in dem Land?

„Nach der Wahl des neuen Präsidenten (am 8. Juni 2014, Anm. d. Red.) ist ein wenig Ruhe eingekehrt. Die Ägypter haben mit überwältigender Mehrheit für Sisi gewählt, auch wenn wir vom Westen her diese Wahl kritischer sehen, zumindest als die Ägypter selbst. Drei Jahre der Unruhen waren für alle Ägypter einfach zu viel.“

Zwischen Mubarak und Sisi waren die Muslimbrüder an der Macht. Da ging es ja vor allem den Christen schlecht. Wie leben heute die Christen in Ägypten?

„Die Christen – Kopten und Katholiken zusammen – bilden eine Minderheit, sie selber sagen von sich, dass sie eine qualifizierte Minderheit angehören. Sie sind sehr selbstbewusst. Etwa 15 Prozent der Bevölkerung sind Christen. Im Hinblick auf die Mehrheitsreligion – also dem Islam – ist so, dass sich ein Christ sozusagen nicht zu weit aus dem Fenster auslehnen darf. Man muss schon immer zurückhaltend sein, denn man kann provozierend wirken. Eine solche Provokation von Seiten der Christen gegenüber den Muslimen sollte nicht sein. Hinzu muss man sagen, dass etwa 50 Prozent der Ägypter können nicht lesen und schreiben. Diese Menschen sind also sehr manipulierbar. Wenn nun einige Islamgelehrte zu militanten Aktionen aufrufen würden, dann kann es durchaus passieren, dass dies auch geschieht. Sehr deutlich war dies zu spüren, als in den Tagen des Sturzes von Mursi, man erleben musste, dass viele Christen angegriffen wurden. Heute sind die Muslimbrüder verboten. Hier hat der Staat massiv entgegengearbeitet. Allgemein kann man sagen: alle versuchen gut miteinander zu leben.“

(rv 24.11.2014 mg)








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