2014-11-23 09:31:00

Papstpredigt: Das Königtum Jesu, des liebenden Hirten


Die Predigt von Papst Franziskus zum Fest Christkönig und zur Heiligsprechung: Eine Arbeitsübersetzung


Die heutige Liturgie lädt uns ein, auf Jesus den König des Universums zu blicken. Die schönen Worte der Präfation erinnern uns daran, dass sein Königreich ein Königreich der Wahrheit und des Lebens ist, ein Königreich der Heiligkeit und der Gnade, ein Königreich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Die Lesungstexte, die wir gehört haben, zeigen uns, wie Jesus sein Königreich gelebt hat; wie er es im Werden der Geschichte realisiert; und was er von uns heute erbittet.

 

Vor allem sagen sie uns, dass Jesus sein Königtum mit Nähe und Zärtlichkeit uns gegenüber verwirklicht hat. Er ist der Hirt, von dem der Prophet Ezechiel in der ersten Lesung berichtet. Der gesamte Abschnitt ist durchwoben von Worten, die von der Fürsorge und der Liebe des Hirten für seine Herde sprechen: Suchen, Überblick haben, aus der Zerstreuung versammeln, zur Weide führen, ruhen lassen, das verlorene Schaf suchen, das verirrte Schaf zurück führen, die Wunden verbinden, für die Kranken sorgen, Sorge tragen, weiden. All diese Haltungen sind in Jesus Christus Wirklichkeit geworden: Er ist wirklich der „große Hirte der Schafe und Hüter unserer Seele.“ (vgl. Hebr 13,30; 1 Petrus 2,25).

 

Und wenn wir in der Kirche zu Hirten berufen sind, können wir uns nicht von diesem Modell entfernen, wenn wir nicht zu Mietlingen werden wollen. In dieser Hinsicht besitzt das Volk Gottes ein untrügliches Gespür dafür, die guten Hirten zu erkennen und von den Mietlingen zu unterscheiden.

 

Wie bringt Jesus nach seinem Sieg, nach seiner Auferstehung sein Königreich voran? Der Apostel Paulus sagt im ersten Korintherbrief: „Denn er muss herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter die Füße gelegt hat.“ Und der Vater unterwirft Stück für Stück alles dem Sohn, wie der Sohn zugleich alles dem Vater unterwirft, und am Ende er selbst.

 

Jesus ist kein König in der Art dieser Welt: Für ihn heißt regieren nicht befehlen, sondern dem Vater gehorsam sein, sich ihm übergeben, denn so erfüllt sich sein Plan der Liebe und der Erlösung. Auf diese Weise gibt es zwischen Vater und Sohn volle Gegenseitigkeit. So ist die Zeit des Königreichs Christi die lange Zeit, in der alles dem Sohn unterworfen und alles dem Vater übergeben wird. „Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod.“ Und zuletzt, wenn alles dem Königreich Jesu unterstellt ist, dann wird alles, auch Jesus selbst, dem Vater unterworfen, Gott wird alles in allem sein.

 

Das Evangelium berichtet davon, was das Reich Jesu von uns verlangt: Es erinnert uns, dass die Nähe und die Zärtlichkeit auch für uns Regeln sind und dass wir nach ihnen beurteilt werden. Das wird das Maß unseres Gerichts sein. Es ist die große Erzählung vom Jüngsten Gericht im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Erde für euch bestimmt ist. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“ (Mt 25,34-36). Die Gerechten werden fragen: wann haben wir das alles für dich getan? Und er wird antworten: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (25,40).

 

Die Erlösung beginnt nicht mit dem Bekenntnis zum Königtum Christi, sondern mit der Nachahmung der Werke der Nächstenliebe, durch die er sein Königtum verwirklich hat. Wer diese Werke tut zeigt, dass er das Königtum Jesu aufgenommen hat, weil er in seinem Herzen der Liebe Gottes Platz gemacht hat. Am Ende unseres Lebens werden wir nach der Liebe gerichtet, nach der Nähe und der Zärtlichkeit für unsere Schwestern und Brüder. Davon hängt es ab, ob wir in sein Königreich eingehen oder nicht, unsere Einordnung auf dieser oder jener Seite.

 

Jesus hat in seinem Sieg uns sein Königreich geöffnet, aber es ist an jedem von uns, einzutreten, beginnend schon in diesem Leben – das Reich beginnt jetzt –, indem wir ganz konkret zum Nächsten werden für den Bruder, der um Brot bittet, um Kleidung, Aufnahme, Solidarität, Glaubensunterweisung. Und wenn wir diesen Bruder oder diese Schwester wirklich lieben, dann sind wir auch angetrieben, mit ihm oder ihr das zu teilen, was uns das wertvollste ist, also Jesus selbst und seine Frohe Botschaft!

 

Heute stellt uns die Kirche als Vorbilder neue Heilige vor, die durch die Werke einer großherzigen Hingabe an Gott und die Brüder und Schwestern jeder auf seine Weise dem Reich Gottes gedient haben und Erben wurden. Jeder von ihnen hat mit großer Kreativität auf das Gebot der Liebe Gottes und des Nächsten geantwortet. Sie haben sich ganz und gar dem Dienst an den Letzten hingegeben, haben den Hilfsbedürftigen geholfen, den Kranken, Alten, den Pilgern. Ihre Bevorzugung der Kleinen und der Armen reflektiert die unbedingte Liebe Gottes. Sie haben die Barmherzigkeit in der starken und persönlichen Beziehung zu Gott gesucht und gefunden, aus der die wahre Liebe für den Nächsten hervorgeht. Deswegen haben sie in der Stunde des Gerichts die Worte gehört: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Erde für euch bestimmt ist.“ (25:34)

 

Mit der Heiligsprechung haben wir erneut das Geheimnis des Reiches Gottes und Christus des Königs bekannt, des Hirten voller Liebe für seine Herde. Mögen die neuen Heiligen mit ihrem Beispiel und ihrer Fürsprache in uns die Freude, auf dem Weg des Evangeliums zu sein und es als Kompass des Lebens anzunehmen, wachsen lassen. Wir folgen ihren Spuren, wir folgen ihrem Glauben und ihrer Barmherzigkeit, denn auch unsere Hoffnung ist in Unsterblichkeit gekleidet. Lassen wir uns nicht von anderen, irdischen und vorübergehenden Interessen ablenken. Auf dem Weg zum Himmelreich führe und leite uns Maria, Königin aller Heiligen.

 

(rv 23.11.2014 ord)








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