2014-11-20 13:51:00

Vatikan: Migranten sind Mittler zwischen den Welten


Können Migranten auch Partner sein? Dass Migration nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen insbesondere im Kulturaustausch und Wissenstransfer bietet, darauf will eine internationale Vatikankonferenz hinweisen. Sie findet noch bis Freitag dieser Woche an der Päpstlichen Universität Urbaniana statt. Teilnehmerin für Caritas International ist Martina Liebsch, sie ist sich sicher, dass Migranten fernab ihrer Heimat einen wichtigen Beitrag leisten:

 

„Ich denke, als erstes sind Migranten Teil unserer Gesellschaft. Das heißt, sie zu ignorieren ist eigentlich ein ungenutztes Potenzial und wir sehen ja in vielen Ländern, wie Migranten zu einer kulturellen Vielfalt beigetragen haben, wie Migranten auch Verantwortung übernehmen. Ich denke, das ist etwas, wo wir noch viel zu wenig hingeschaut haben: Wie Migranten zum Beispiel Vereine gründen, um dann auch in ihrem Herkunftsland etwas zu verändern – ich meine, sie hatten ja auch einen Grund, warum sie dort weggegangen sind. Ich denke, Migranten haben ein großes Potenzial und das müssen wir besser wahrnehmen zum Wohl unserer Gesellschaft.“

 

Neben Liebsch nehmen fast 300 Experten aus 93 Ländern am 7. Weltkongress zur Migrantenseelsorge teil. Wie der Päpstliche Migrantenrat informiert, sind mittlerweile fast 50 Prozent aller Migranten weltweit Frauen, die auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen ihre Heimat verlassen wollen oder müssen. Ein besonderer Fokus der internationalen Tagung liegt darum auch auf der Migration der Frauen – ein weit unterschätzter Bereich, so Liebsch.

 

„Ich denke, dass es bei weiblichen Migranten, von ihrem Potenzial her, keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt, ich glaube nur, dass das Potenzial von weiblichen Migranten bisher überhaupt nicht angeschaut worden ist. Man hat Migration bislang verstärkt als Phänomen wahrgenommen, das ein männliches Phänomen ist. Also: Männer migrieren. Und es ist ja auch wahr, dass es in manchen Kulturen so ist, dass, um ein Mann zu sein, muss der Mann – zum Beispiel in Mali – wandern. Oft haben diese Männer ihre Frauen nachgeholt oder mitgenommen, aber sie waren sozusagen immer ein Begleitphänomen, während sich jetzt Frauen unabhängig auf den Weg machen, mit all den Risiken, aber auch mit dem ganzen Potenzial."

 

Zum Beispiel könnten die Frauen, die häufig in der Altenpflege arbeiten, dazu beitragen, den Umgang zwischen älteren Menschen und ihren Kindern zu verändern. Denn während Alte in westlichen Ländern häufig in Heimen untergebracht würden, kümmere sich um sie in den südlichen Herkunftsländern noch ganz selbstverständlich die Familie.

 

„Weibliche Migranten können auch Männern Werte weitergeben und man sollte auch über die Rolle des Mannes in der Gesellschaft nachdenken, vor allem wenn Frauen ihre Männer in den Heimatländern zurücklassen. Was heißt das für die Familie, wie wird das Familienleben plötzlich organisiert? Es ist ja eigentlich ein radikaler Wandel in tradierten Strukturen, wenn die Frau das Geld heimbringt und der Mann für die Familie zuhause sorgen muss. Das heißt, diese Bewegungen fordern uns immer wieder heraus, neu zu denken und unser Leben auch neu zu denken.“

 

Nach einem Bericht der Vereinten Nationen ist die Zahl der Migranten seit 1990 weltweit um 50 Prozent gestiegen: 2013 waren es insgesamt 232 Millionen. Als Arbeitskräfte dienen Migranten zwar auch unserer Wirtschaft, doch oft sind sie gezwungen, illegale und gefährliche Wege zu wählen. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Migranten zu verbessern, dass, so Martina Liebsch, sei auch Aufgabe der Diakonie.

 

„Ich denke, die Kirche spielt insofern eine Rolle, dass sie einfach Anwalt ist für Migranten, dass sie oft den Finger auf die Wunde legt. Und ich denke, Papst Franziskus ist ein großartiges Beispiel, wenn er sagt: Eine Wirtschaft ist nicht zum Selbstzweck da, sondern muss den Menschen dienen. Entwicklung muss den Menschen dienen. Ich sehe die Rolle der Kirche wirklich zuvorderst erstmal überhaupt in dem öffentlich machen von Ungerechtigkeiten, aber dann vor allem  auch darin, Menschen zu begleiten. Also Strukturen anzubieten wie zum Beispiel die Caritas  und Menschen zu begleiten in ihrem Weg, um diesen Weg so zu machen, dass sie sich letztendlich erinnern können, das sie irgendwann mal eine helfende Hand hatten. Und ich denke, diese helfende Hand werden sie nicht vergessen und sie werden so dann auch einem anderen, der mal an ihre Tür klopft wiederum helfen.“

 

(rv 20.11.2014 kin)








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