2014-11-15 09:39:28

Fall des Eisernen Vorhangs vor 25 Jahren: Viel zu wenig erzählte Geschichten


RealAudioMP3 Unser Buchtipp: Zeugen für Gott – Glauben in kommunistischer Zeit. Band 1.

An die Mauer erinnern sich viele, an das System, die Politik, auch an den Fall des Eisernen Vorhangs vor genau 25 Jahren. Wie die Menschen aber in der Zeit davor gelebt und ihren Glauben praktiziert haben, das gerät immer mehr in Vergessenheit. Um zu erinnern, hat das Hilfswerk Renovabis ein Buch in Auftrag gegeben, das die Erinnerung wachhalten soll. Pater Bernd Hagenkord hat mit dem Leiter des Hilfswerks, Jesuitenpater Stefan Dartmann, gesprochen.

Pater Dartmann, Ihr Name steht nicht als Herausgeber auf dem Buch, aber Sie haben einen Artikel verfasst, ‚Zur Idee dieser Publikation’. Was ist denn die Idee dieses Buches?

„Die Idee ist, ein Glaubenszeugnis zu geben und denen ein Gesicht zu geben, die in Mittel- und Osteuropa während der langen Zeit des Kommunismus gelebt haben, gelitten haben, teilweise auch gestorben sind, bei denen aber die Gefahr besteht, dass wir viele von ihnen einfach vergessen.“

Der Anlass ist natürlich das 25-Jahre-Gedenken zum Fall des Eisernen Vorhangs, kommt das Gedenken an die Religion dabei Ihrer Meinung nach etwas zu kurz?

„Also, was die Initiativen zu diesen ganzen Vorgängen angeht, da fallen ja häufig die Namen Johannes Paul II. und so weiter, da hat die Religion sicherlich eine wichtige Rolle gespielt. Und auch in den Umbrüchen, die in Deutschland gerade in diesen Tagen sehr stark bedacht worden sind, da wird die Rolle der Kirche immer wieder betont. Aber wenn es darum geht, auf die Zeit vorher zu schauen, wo Kirche überhaupt nicht vorkommen durfte, da gibt es eben nur diese Untergrundgeschichte, und die wird meines Erachtens viel zu wenig erzählt. Das ist auch eine Gefahr, die ich in den Ländern selber beobachtet habe, dass die ältere Generation mit ihren Erfahrungen aus verständlichen Gründen nicht hausieren geht, dass die jüngere Generation da aber auch nicht das angemessene Interesse zeigt an der Geschichte der Kirche im eigenen Land. Das wollen wir mit diesem Buch ein wenig stimulieren.“

Was sind das für Menschen, von denen da erzählt wird?

„Wir haben uns im Kreis der Verantwortlichen ganz bewusst auf ein weites Spektrum geeinigt. Es geht um katholische, orthodoxe und evangelische Menschen, es geht um viele Priester und Bischöfe, häufig deswegen, weil da die Dokumentation besser erhalten ist. Es geht aber auch um Laien, es geht um Ordensleute, es geht um Leute, die Verfolgung überlebt haben, es geht um Leute, die in der Verfolgung umgekommen sind, und es geht auch um die Nachwachsenden, die das noch so eben mitbekommen haben, aber heute ganz andere Leben leben.“

Auf dem Titel des Buches befindet sich eine stilisierte Europakarte, die von Worten gebildet wird: Berufsverbot, überwacht, verfolgt, unfrei, Haft und so weiter. Ist das nicht eine zu negative Perspektive, auf diese Geschichten zu schauen?

„Das könnte man sagen, aber es nimmt diese Aspekte auf, die vielleicht heute als erste in den Blick kommen. Aber da steht eben auch ein kleines Wort wie ‚Glaubenszeugnis’ dahinter. Das Wort ‚Zeugnis’ kommt immer wieder. Und das ist dann eher positiv zu sehen. Es geht darum zu zeigen, wie angesichts dieser sehr negativen Wirklichkeit Menschen ihren Glauben bezeugt haben.“

Da steht noch ein anderes Wort auf dem Titel, nämlich Band 1. Eine Fortsetzung ist also geplant.

„Ja, wir haben einen zweiten Band in Planung, wir hatten sogar ursprünglich einmal gedacht, für jedes einzelne Land einen Band herauszugeben. Wir haben aber gemerkt, dass wir uns daran wohl übernehmen würden und dass das Material für die Länder sehr ungleich vorhanden ist.“


Thomas Bremer und Burkhard Haneke: Zeugen für Gott. Glauben in kommunistischer Zeit. Band 1. Das Buch ist im Verlag Aschendorff erschienen und kostet knapp 20 Euro.

(rv 15.11.2014 ord)










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